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Der schwedische Autor Mats Wahl erzählt auch in seinem neuen Roman „Du musst die Wahrheit sagen“ von den Schattenseiten des Lebens. Er schildert authentisch, ohne anzuklagen.
Mit seiner Familie zieht Tom im Sommer in einen Vorort von Stockholm, in das rote Haus am See seiner verstorbenen Oma. So viel zur schwedischen Idylle, die damit schon endet, in Mats Wahls neuem Roman „Du musst die Wahrheit sagen“. Denn zur Familie gehört nicht nur die Mutter, die nie lange bei einem Mann bleibt, sondern auch die ich-bezogene Halbschwester Annie und der brutale Halbbruder Morgan. „Er schlägt immer mit der Faust“, erklärt Tom sachlich, als ihm wieder die Nase blutet. Von seinem Vater weiß Tom nichts.
Mats Wahl ist bekannt für düstere Geschichten. Über 40 Bücher hat der Schwede bisher geschrieben. Für „Winterbucht“ bekam er den Deutschen Jugendliteraturpreis und für den ersten Band seiner Kommissar-Fors-Krimis den Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher.
Er verurteilt nicht
In seinem neuen Roman schreibt er elegant in wenigen Zeilen mitten in den Alltag dieser Familie hinein. Er klagt nicht an, er verurteilt nicht, er beobachtet dieses Leben, das weniger von Leid als von Resignation geprägt ist.
Der Autor hat einst als Lehrer für schwer erziehbare Jugendliche gearbeitet. Vielleicht wirken auch deshalb Toms Hilflosigkeit und die derbe und dumpfe Art des älteren Bruders Morgan dermaßen authentisch. Heute lebt Wahl als Dozent für Pädagogik und Psychologie in Stockholm.
Der sehr alte Nachbar Karl Berger lässt Tom hoffen, der Deutsche scheint sich wirklich für den 14-Jährigen zu interessieren. Doch Toms Mutter warnt vor diesen Mann, der im Zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe war. Er sei ein schlechter Mensch. Warum? Das weiß sie nicht, ihre Mutter habe das gesagt. Langsam kommt Tom dem Geheimnis dieses Mannes auf die Spur, das mehr mit seinem Leben zu tun hat, als er zunächst ahnt.
Atmosphärisch dicht
Mats Wahl verlangt in diesem atmosphärisch dichten Roman, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Auch über den neuen Liebhaber der Mutter: Ein rechtschaffener Polizist, der jedoch – wie Tom beobachtet –, nicht nur der Mutter gern übers Haar streichelt, sondern auch der Tochter.
Eines Tages stellt Karl Berger Tom die zentralen Fragen dieser Geschichte: „Es spielt keine Rolle, wie viel Fantasie du hast, du weißt nichts über die Zukunft. Und was aus uns wird, wer bestimmt das? Du selber?“
- Mats Wahl: Du musst die Wahrheit sagen. Hanser, 240 Seiten, 13,90 Euro, ab 13