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Mit Ironie und Weitsicht erzählt Paul Murray vom Leben an einer Elite-Schule. Seine ungewöhnliche Trilogie beginnt, wo andere Bücher enden. Mit dem Tod der Hauptperson: „Skippy stirbt“.

Bei Fortsetzungsromanen fühlt man sich wie in der Warteschlange. Jetzt hat man schon so lange durchgehalten, da will man auch, dass es weitergeht – und wartet ungeduldig auf den nächsten Teil, und den nächsten. Wie praktisch, dass die Bände der Trilogie „Skippy stirbt“ von Anfang an zusammen in einem Schuber angeboten werden. Doch warum hat der Autor Paul Murray dann die Tragikomödie überhaupt geteilt? Wahrscheinlich nur aus psychologischen Gründen. Die Menschen verdauen Häppchen eben besser als ein großes Stück mit 780 Seiten. So viel zum äußeren Schein, nun zum inneren Sein: Der Roman beginnt, wo andere Bücher enden, mit dem Tod der Hauptperson.

„Skippy stirbt“ – und das bei einem Doughnut-Wettessen. Wobei nur das beleibte Mathe-Genie Ruprecht, der in seiner Freizeit nach außerirdischer Intelligenz forscht, einen Kringel nach dem nächsten verschlungen hat. Der 14-jährige Skippy, genannt nach dem Fernseh-Känguru, hat nicht einen Krümel gegessen. Woran starb er dann wirklich?

Die Jungen prahlen vor den Mitschülern

Das verrät Paul Murray erst nach und nach. Behutsam erzählt er die Geschichte der zwei Freunde an einem Elite-Internat im gegenwärtigen Dublin. Vorsichtig hebt er den Teppich, unter dem die Priester dieser katholischen Schule Jahr für Jahr ihren Dreck kehren, um den Alltag aus Disziplin, Kompromissen und Lügen aufrechtzuerhalten. Den müssen diese unschuldigen Jungen leben, die so gerne ihre Unschuld verlieren würden und doch in Wahrheit am liebsten nur darüber prahlen, um bei den Mitschülern in der achten Klasse anzukommen. Manches Kind empfindet die Pubertät als derart unerträglich, dass es Tabletten nimmt. Doch wie durch ein Wunder erobert gerade der scheue Skippy das Herz der Schönsten von der Mädchenschule nebenan. So hat es zumindest den Anschein.

Sein Geschichtslehrer Howard Fallon wurde selbst als Schüler in diesem Internat aufs Leben in gehobener Position vorbereitet und hat in der Bankenwelt in weniger als einer Minute 3,5 Millionen Pfund versenkt. Er versucht, gegen veraltete Werte zu rebellieren. Doch Paul Murray stellt ihm einen unnachgiebigen Gesprächspartner gegenüber, den kommissarischen Direktor der Schule: „Sie werden scheitern, Howard. Sie glauben vielleicht, mit dem, was Sie wissen, hätten Sie uns in der Hand . . . Aber dem ist nicht so, denn wenn Sie auch nur irgendetwas von Geschichte verstünden, wüssten Sie, dass diese Schule nicht auf der Verliererseite steht.“

Der Wunsch nach Ansehen

Paul Murray zeigt, wie festgefahren Strukturen sein können. Wie Macht und die Angst vor Einsamkeit und der Wunsch nach Ansehen die Menschen, ob Kind oder Erwachsener, zu nicht zu entschuldigenden Handlungen treiben – oder in schützendes Schweigen hüllen. In seiner nachdenklich stimmenden Geschichte, die man durchaus auch schneller hätte erzählen können, ribbelt der Autor den über Jahrzehnte gesponnenen Teppich auf. Mit Witz und Ironie entlarvt er die Gesellschaft – und trennt Schein vom Sein.

  • Paul Murray: Skippy stirbt, Kunstmann, 780 Seiten, 26 Euro