Oberhausen. Der Verein „Togo-Projekte“ macht sich stark für Kinder in dem westafrikanischen Land. Bildung als Schlüssel für eine bessere Zukunft.
Trommelklänge füllen den Raum. Scheinwerfer tauchen die Bühne in buntes Licht. Die Künstler haben Schweißperlen auf der Stirn, sie lachen und tanzen. Im Publikum steht Brigita Trzeczak – und staunt. „Ich war total hingerissen von so viel Lebensfreude“, sagt die heute 73-Jährige, wenn sie zurückblickt auf diesen Konzertabend, den sie im Jahr 2000 erlebt hat – und der, auch wenn Brigita Trzeczak dies damals noch nicht wusste, die Geburtsstunde war für den Oberhausener Verein „Togo-Projekte“.
Die Musiker auf der Bühne waren politische Flüchtlinge. Menschen, die ihre Heimat Togo verlassen mussten, weil sie meist als Opfer von Denunziation um ihr Leben fürchten müssen. Menschen, die nicht wussten, ob sie ihre Familien jemals wiedersehen würden. „Und ich wollte herausfinden, woher diese Menschen trotz aller Widrigkeiten ihre lebensbejahende Einstellung nehmen“, sagt Brigita Trzeczak. „In Deutschland verbringen die Menschen so viel Zeit mit Jammern. Dabei vergessen sie, dass unsere Zeit kostbar ist – wir haben ja nur ein Leben.“
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Gezielte Hilfe wirkt
In der Folge beschloss die Oberhausenerin, selbst einmal nach Togo zu reisen. 2001 war es so weit. Brigita Trzeczak, die damals noch als Grundschullehrerin arbeitete, stieg in den Sommerferien in ein Flugzeug und flog nach Lomé. Als sie in Togos Hauptstadt angekommen war, war sie beeindruckt von all den neuen Eindrücken. „Abends lag ich im Bett und konnte nicht einschlafen“, sagt sie.
Während ihres Aufenthalts besuchte Brigita Trzeczak mehrere soziale Projekte, die von deutschen Hilfsorganisationen angestoßen worden waren. „Ich habe gesehen, dass gezielte Hilfe aus dem Ausland vor Ort etwas Positives bewirken kann“, sagt sie. „Und dann fing ich an zu überlegen, ob ich nicht auch so etwas ans Laufen bringen könnte.“
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In den folgenden Jahren reiste Brigita Trzeczak immer wieder nach Togo. Stets suchte sie nach Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten zum Wohle der Menschen einzusetzen. Zunächst übersetzte sie in einem Krankenhaus die Beipackzettel gespendeter Medikamente ins Französische. Später brachte sie afrikanischen Mädchen und Frauen das Häkeln und Stricken bei, damit sie Kleidung herstellen können, um sie anschließend auf Märkten zu verkaufen. Und noch später folgten Aufklärungs-Workshops zum Thema Aids.
In Brigita Trzeczaks Heimat Oberhausen sprach es sich herum, dass sich die Lehrerin in Afrika engagiert. Immer öfter erhielt sie Spenden von Freunden und Bekannten, verbunden mit der Bitte, das Geld in Togo sinnvoll einzusetzen. Zunehmend rückte dabei die Bildungsförderung von Kindern in den Fokus. Brigita Trzeczak und ihre Unterstützer übernahmen die Kosten für den Schulbesuch, kauften Schuluniformen, Bücher und Tornister. Die Bildung sieht Brigita Trzeczak als Schlüssel für eine bessere Zukunft: „Das was die Kinder im Kopf haben, kann ihnen niemand mehr nehmen.“
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2006 ließ Brigita Trzeczak mit Spendengeldern einen Kindergarten bauen. Danach entstand die Idee, den Verein „Togo-Projekte“ zu gründen. Inzwischen sind drei weitere Kindergärten hinzugekommen. Der Verein kümmert sich dauerhaft um die Instandhaltung, um Mobiliar und die Ausstattung mit Spiel- und Lernmaterialien. „Man kann sagen, wir stellen das Gebäude. Das Personal aber kommt vom Staat oder von der Kirche. So ist gewährleistet, dass der Betrieb weitergehen kann, falls wir eines Tages unsere Förderung aufgeben müssen, etwa weil Spendengelder ausbleiben.“
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Reichlich Pläne für die Zukunft
In den Kindergärten lernen die Drei- bis Sechsjährigen die französische Sprache. „In den Dörfern und abgelegenen Gebieten wachsen die Kinder meist mit ihren afrikanischen Muttersprachen auf. Amtssprache in Togo ist aber Französisch“, erklärt Brigita Trzeczak. „In der Schule können die Kinder dem Unterricht ohne Französisch-Kenntnisse nicht folgen. Die Sprachförderung muss also im Kindergarten beginnen. Inzwischen haben weit mehr als 3000 Kinder durch unsere Förderung das Lesen und Schreiben gelernt.“
23 Mitglieder hat der Verein „Togo-Projekte“ momentan. „Der Verein ist zwar klein, dafür sind alle Mitglieder sehr engagiert“, sagt Brigita Trzeczak. „Den Anfang habe ich damals zwar allein gemacht, aber alleine kann man solch eine Arbeit auf Dauer nicht stemmen – das geht nur gemeinsam.“
Gabi Stienen-Przybilla (59) ist erst Anfang des Jahres dem Verein beigetreten. Als ihre Mutter vor zwei Jahren starb, wurde anlässlich der Beerdigung um Spenden für „Togo-Projekte“ gebeten. Jetzt wollte sich Gabi Stienen-Przybilla selbst einen Eindruck davon verschaffen, was der Verein, von dem ihre Mutter stets so begeistert gewesen ist, genau tut. Im Februar ist sie mit ihrem Mann zum ersten Mal nach Togo gereist. „Ich war überwältig von der Freundlichkeit der Menschen vor Ort“, sagt sie. „Und ich habe erlebt, wie dankbar, glücklich und zufrieden diese Menschen sind, obwohl sie eigentlich nichts haben und nur so gerade eben ihre Familien ernähren können.“
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Anne Schütz (73) ist seit zwei Jahren beim Verein „Togo-Projekte“ aktiv. Mehrmals ist sie mit ihrem Mann bereits nach Südafrika gereist. Seit der ersten Tour ist sie von dem Kontinent begeistert. Als nächstes möchte sie Togo erkunden. Die Arbeit des Vereins hat sie neugierig werden lassen. „Und mir gefällt die große Transparenz, mit der bei ,Togo-Projekte‘ gearbeitet wird – alle Mitglieder tragen die Reise- und Aufenthaltskosten selbst. Alle Spenden fließen zu 100 Prozent in die Vereinsarbeit.“
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Für die Zukunft hat der Verein noch reichlich Pläne. Brigita Trzeczak könnte sich zum Beispiel gut vorstellen, einen weiteren Kindergarten zu bauen. Entschieden ist dies aber noch nicht. „Wenn wir etwas tun, dann machen wir es richtig“, sagt sie. „Und dann muss auch gewährleistet sein, dass wir uns dauerhaft darum kümmern können. Dafür müssen wir beobachten, wie sich die Spendenbereitschaft entwickelt.“
Weitere Informationen über den Verein gibt es auch online unter www.togo-projekte.de.
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