Düsseldorf/Wuppertal. Eine Dokumentation zeigt junge Juden aus Düsseldorf, die über ihr Leben, Antisemitismus und die Ausübung ihrer Religion in der Gemeinde sprechen.

Wie leben junge Juden und Jüdinnen in Deutschland? Welche Rolle spielen ihre Kultur und ihre Religion? Fragen wie diesen geht in insgesamt 130 Minuten die Filmdokumentation „Jung und jüdisch“ nach, ein bildungspolitischer Beitrag des Medienprojekts Wuppertal (Interview mit dem Leiter des Projekts hier!), bestehend aus sechs Einzelvideos.

Die Filmsequenzen wurden einfach gedreht, ohne Skript. Vielleicht sind sie deshalb so eindrücklich. 26 Minuten dauert „Kadima“, der erste Beitrag der 2022 produzierten Reihe. Entstanden in NRW. Drehort war das Jugendzentrum „Kadima“, eine Einrichtung der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Hier beobachteten die Filmemacher Karla Stindt und Michael Groß junge Frauen und Männer jüdischen Glaubens. Einige sind in Deutschland aufgewachsen, andere kamen als Mi­granten mit ihren Familien, die Religion im Gepäck.

Filmreihe „Jung und jüdisch“: Im Jugendzentrum frei den Davidstern tragen

Junge Menschen jüdischen Glaubens erzählen, was sie in ihrem Leben hierzulande bewegt. Die Kamera nimmt die Gesichter auf, ist den Redenden hautnah. Es fallen Sätze wie: „Ich bin ich und ich bin jüdisch“, im Kurzfilm „Kadima“. Oder: „Im Jugendzentrum kann ich meinen Davidstern tragen, so wie immer, aber nicht nur unter meinen Klamotten. Ich kann frei mit meiner Religion umgehen, ich kann sie ausleben.“ Auch: „Leider ist es Alltag geworden, diese Angst und Sorge vor der Diskriminierung wegen der Religion.“ Und: „In Deutschland gibt es kein jüdisches Leben ohne Polizeischutz.“

„In Deutschland gibt es kein jüdisches Leben ohne Polizeischutz“

„Jung und jüdisch“ beleuchtet viele Facetten in den Kurzfilmen. Privates und Gemeinschaftliches, zeigt unkommentiert Merkmale einer Religion, die vielen Menschen zu wenig bekannt ist. Etwa die Vorbereitungen einer Gruppe Jugendlicher auf den „Jewrovision Song Contest 2022“ in Berlin. Denn es gibt ein jüdisches Pendant zum „Eurovision Song Contest“, einen internationalen Wettbewerb für Zehn- bis 19-Jährige. Die Doku fängt die Stimmung ein, begleitet die Gruppe aus dem Rheinland zur Show nach Berlin. Dort treffen sie auf viele andere. „Zusammen beschäftigen sie sich mit jüdischer Identität“, erklärt Filmemacherin Stindt. Manche lernten jüdische Sitten und Gebräuche besser kennen. Und in der Gruppe kann der junge Mann aus dem Film seine schwarze Kippa unbesorgt tragen. Niemand stört sich daran, keiner würde ihm die kreisrunde Kopfbedeckung herunterreißen. Draußen aber könne das passieren, wie Jugendliche berichten. Denn solche Übergriffe hätten sie auf Schulhöfen in Nordrhein-Westfalen bereits erlebt.

„Jung und jüdisch“, eine Filmreihe über die Vielfalt jüdischen Lebens (2022), 130 Min., freigegeben ab 0 Jahren, ist als Kauf-DVD über die Video-Plattform „Vimeo“ (www.vimeo.com) oder zur Ausleihe erhältlich. Das Medienprojekt Wuppertal veröffentlicht rund 100 Videos pro Jahr, die mit jungen Erwachsenen entstehen. Rund die Hälfte der Filme wird bundesweit über eine eigene Edition und diverse Verlage als Bildungs- und Aufklärungsmedium vertrieben.

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