Gelsenkirchen. Als Kind hat unser Autor seine Eltern ausgetrickst, um länger zocken zu können. Heute mutiert er selbst zum Steckerzieher.
Es gibt da einen Wendepunkt im Leben einer Familie, der lässt Eltern schnell an ihrer Entscheidungsfähigkeit zweifeln, aber markiert für die Kinder den Beginn einer neuen Zeitrechnung. Es ist der Moment, an dem die Anschaffung der ersten Spielkonsole erlaubt wird.
Die Stunden, die ich selbst in Hyrule, dem Königreich der Prinzessin Zelda, verbracht habe, die vielen Sprünge, die ich Super Mario habe machen lassen, all die Kämpfe, die meine Pokémon geleistet haben – ja, ich gebe zu, es sind schöne Kindheitserinnerungen. Und während ich in all diesen virtuellen Welten versunken war, standen meine Eltern da mit verschränkten Armen und forderten, den Stecker zu ziehen. Limit schon wieder erreicht!
Vom Hyrule-Landstreicher zum Steckerzieher
Aber wir hatten so unsere Tricks, um mehr Stunden vor der Kiste rauszuholen: Nicht selten schalteten mein Bruder und ich die Konsole 15 Minuten vor erwarteter Rückkehr unserer Mutter ab, damit das Gerät abgekühlt war, wenn sie eintraf – um sie dann dreist lügend zu fragen, ob wir endlich zocken dürfen. Wir hatten es ja noch nicht getan, sonst wäre die Konsole warmgelaufen, richtig?
Solche Tricks traut sich mein Sohn mit seiner Nintendo Switch (hoffentlich?) noch nicht. Allerdings sorgt bei ihm nur ein Stündchen im besagten Hyrule dafür, dass er den Rest des Tages über nichts, wirklich nichts anderes mehr redet als über seine neuesten Ausrüstungsgegenstände und Quests.
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Anfangs fand ich das noch ganz witzig, schließlich konnte ich mit genug Anekdoten aus meinen eigenen 64-Bit-Abenteuern erwidern. Aber mittlerweile mutiere ich, der Hyrule-Landstreicher von einst, zum Steckerzieher – und frage mich genervt, ob mein Sohn nicht auch noch ein bisschen Hirnschmalz an die Realität verwenden kann. Und wenn die Konsole aus ist, dann entwirft er nur eigene Spiele und skizziert digitale Charakter per Bleistift. Die Vorlagen dafür sind oft die alten Zeichnungen seines Vaters. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm. Und das Obst besteht aus Pixel.