Essen. Sein Herz schlägt für den Flamenco, nur die Füße wollen nicht mitmachen: Helmut Sanftenschneider, der Heißsporn aus Herne, wagt sich aufs Parkett.

Sein Blick glüht heiß vor Leidenschaft, sein Körper ist von den Haar- bis in die Zehenspitzen angespannt, seine Schuhsohlen tackern unerbittlich den Takt zur Musik und die Señoritas, tja!, die schmelzen in seinen Armen einfach dahin.

So ähnlich hat sich Helmut Sanftenschneider das wohl in kühnen Träumen ausgemalt, als er beschloss, den Flamenco künftig nicht mehr nur auf der Gitarre zu spielen, sondern auch zu tanzen. Der Heißsporn aus Herne hat ja auch einen Ruf zu verlieren. Schließlich gilt er als der Spanier unter den Ruhr-Comedians, wie schon der Titel seines noch aktuellen Programms „Currywurst & Kastagnetten“ dezent andeutet. Warum also zögern? ¡Arriba! ¡Ándale!

Bestimmt ein Naturtalent!

Herne, Bahnhofstraße. Auch wenn man zunächst noch ein wenig angestrengt nach andalusischen Gefühlen Ausschau hält: Hier ist der Flamenco zu Hause! Man muss nur den Blick in die Höhe richten, denn in der ersten Etage liegt das „Dance Area“, wo nicht nur Bühnen- und Musical-Tanz unterrichtet wird, sondern wo auch eine Vitrine mit allerlei Flamenco-Utensilien wie Kastagnetten verrät, dass hier die hohe Kunst des feurigen Folkloretanzes zelebriert wird. „Ich bin doch bestimmt ein Naturtalent“, sagt Sanftenschneider unbescheiden und betritt den Tanzsaal. Zehn Minuten später: Andrea Eisenhardt, Besitzerin der Schule, war auf alles vorbereitet – nur nicht auf die ungelenken Tapsigkeiten von Helmut Sanftenschneider. Elegant umtanzt die schlanke Dunkelhaarige den Comedian, während der sich unbeholfen windet. Olé, olé? Oh je!

Her mit den Mund-Kastagnetten!

Perfekt an der Gitarre, aber nicht auf dem Partkett: Helmut Sanftenschneider spielt Flamenco, doch das Tanzen überlässt er er lieber Ausbilderin Andrea Eisenhardt.
Perfekt an der Gitarre, aber nicht auf dem Partkett: Helmut Sanftenschneider spielt Flamenco, doch das Tanzen überlässt er er lieber Ausbilderin Andrea Eisenhardt. © Kai Kitschenberg | Unbekannt

Dabei hatte alles so gut angefangen: Sanftenschneider begann voller Inbrunst auf der Gitarre einen klassischen Flamenco zu spielen. Und ließ sich im rechten Moment seine Mund-Kastagnetten reichen, die er zwischen die Zähne klemmte und mit denen er durch heftiges Kopfschütteln einen rasanten Takt erzeugt. Na ja, spielen kann er. Aber tanzen? „Eigentlich bin ich ja Musiker geworden, um nicht tanzen zu müssen“, gibt er nach den vergeblichen Versuchen freimütig zu.

Wenn man so will, sind schlingernde Bewegungen auch typisch für den Lebenslauf des 46-Jährigen. Schließlich hat er mal etwas Fachfremdes gelernt, nämlich „Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb“, kurz Postbote. Einerseits eine unverzichtbare Erfahrung. Andererseits... „Nach ein paar Jahren habe ich gedacht: Du musst irgendwie was anderes machen. Ich habe dann eine Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Köln probiert.“ Es folgte eine klassische Gitarrenausbildung, nebenbei frönte er dem spanischen Gitarrenspiel – und dadurch stieß er auf seine komische Ader. „Wenn man Musik aufführt, muss man zwischendurch etwas zu den Stücken sagen. Je besser man das macht, desto mehr mögen die Leute das Konzert. Deswegen habe ich Wert auf die Moderation gelegt. Und darauf, dass sie unterhaltsam ist.“

Begonnen als Postbote von Jürgen von Manger

Körperspannung? Fehlanzeige. Helmut Sanftenschneider kann nur neidisch zuschauen.
Körperspannung? Fehlanzeige. Helmut Sanftenschneider kann nur neidisch zuschauen. © Kai Kitschenberg | Unbekannt

So kam es, dass er immer wieder als Moderator angefragt wurde, in den letzten Jahren auch für den Herner Kabarett-Preis „Tegtmeiers Erben“. Außerdem ging er damals als Gitarrist mit dem Melan-Komiker Johann König auf Tour. Zum Ende dieser Zeit war er reif für seine eigene Mixed-Show: Die „N8Schnittchen“ tingeln zwischen Datteln und Dülmen, Hattingen, Herten und Herne. Und gerade schreibt Sanftenschneider an seinem neuen Programm, das im September in den Herner Flottmann Hallen Premiere haben wird.

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Wobei wir bei so viel Herne mal auf einen wunden Punkt in Sanftenschneiders Biografie zu sprechen kommen müssen: Geboren in Bochum (Grumme), heute wohnhaft in Bochum (Hiltrop), bezeichnet sich Sanftenschneider immer noch als Herner. „Großgeworden bin ich aber hier – und Kinder haben wir auch hier bekommen“, erzählt Sanftenschneider. Außerdem fühlt er sich auf besondere Weise mit dem bekanntesten Herner Spaßmacher aller Zeiten verbunden: „Damals als Postbote habe ich noch Jürgen von Manger die Post gebracht. Ich habe von ihm zehn Mark Trinkgeld zu Weihnachten bekommen. Das war für mich eine wahnsinnige Ehre. Und dass ich heute eine Gala zu seinem Gedenken moderieren darf, das finde ich toll. Das sind die Momente, in denen ich denke: Es hat sich doch alles super entwickelt.“ Zumindest, wenn man auf seine Comedy-Karriere schaut. Auf die als Flamenco-Tänzer? Davon sollten wir lieber nicht noch einmal anfangen.

  • Helmut Sanftenschneider ist viel unterwegs. N8Schnittchen: 21.1. Bochum, Zeche Hannover, 4.2. Dülmen, Barber’s 66, 9.2. Gelsenkirchen, Garage 10, 16.2. Datteln, Friedenskirche, 23.2. Hattingen, Henrichs. Solo Currywurst & Kastagnetten: 22.1. Hattingen, DGB Tagungszentrum, 6.2. Dortmund, Hansa­theater, 27.2. Bochum, Haus Oveney. www.sanftenschneider.com