Dortmund.. Für Fritz Eckenga ist Fußball ein Lebensthema, das auch zum Lachen ist. Wir trafen ihn für unsere Serie „So lacht das Revier“ im Stadion Rote Erde. Dort in Dortmund wurde er fürs Leben geprägt. Eine Begegnung zum Nachdenken und Schmunzeln – „Ne Viertelstunde – schafft ihr schon.“

Fritz Eckenga steht an jenem Ort, an dem alles für ihn angefangen hat. Also zumindest das mit dem Fußball. Was im Prinzip ja doch wieder alles ist. Zumindest alles, was wichtig ist, wichtiger noch als der Humor.

Wir stehen im Stadion Rote Erde, im Hintergrund ragt die große Tribüne des Borussenstadions mit den gelben Stahlträgern gewaltig gen Himmel auf. „Ich war sechs oder sieben Jahre alt, da hat mein Vater mich zum ersten Mal mit hierher genommen. Den Geruch und die Geräusche habe ich heute noch in der Nase und in den Ohren. Seitdem bin ich sozusagen zwangsverheiratet mit Borussia“, sagt Eckenga.

Auf ihn stürmt eine ganze Flut von Erinnerungen ein, wenn er darüber spricht: Wie 40 000 Fans hier bei den großen Spielen am Rand standen, wie die Kurzen auf der Laufbahn sitzen durften; wie sie im Herbst und Winter auf die Platanen geklettert sind, um besser sehen zu können; wie blendend hell das Flutlicht schien, wenn es Abendspiele gab.

„Viele, eigentlich die meisten, die so alt sind wie ich und mit denen ich immer noch in dieses große Stadion nebenan gehe, sind alle so sozialisiert worden. Männer wie Frauen. Männer mehr als Frauen, aber eben auch. Wenn man das weiß, dann kriegt man vielleicht einen Eindruck davon, warum das Thema Fußball auch ein Lebensthema in dieser Stadt ist. Selbst wenn man mit Fußball nichts am Hut hat und es verschlägt einen nach Dortmund, dann hat man keine andere Wahl, als sich irgendwie mit dem Thema hier auseinanderzusetzen. Das ist eben nicht so was Blödes wie ein Hobby. Das ist hier so normal wie zum Bäcker zu gehen. Deswegen spielt das als Grundgeräusch auch bei vielen meiner Programmen eine Rolle“, erzählt Eckenga. Er selbst gilt unter den Kabarettisten ja als ausgewiesener Fußballkenner, während der WM bestritt er mit acht weiteren Kollegen eine tagesaktuelle Show im Spiegelzelt neben der Westfalenhalle. „Wobei ich in meinem eigenen Programm nie einen kompletten Abend über das Thema machen würde. Weil ich das nicht für abendfüllend halte. Abendfüllend ist für mich nur da. . .“, sagt er und zeigt auf den grünen Rasen, wo das eigentliche Geschehen abgeht.

Sieben Jahre lang war er der Fußballmanager

Dabei hat Eckenga es doch mit einer seiner Bühnenfiguren zu einem erstaunlichen Dauerbrenner geschafft: Als Fußballmanager („ . . .und da könnt Ihr jetzt inne nächsten großen Pause mal ne Viertelstunde drüber nachdenken. Viertelstunde – schafft ihr schon.“) bestritt er sieben Jahre lang den U-Punkt im WDR, 52 Wochen pro Jahr. . . Da sollte sich doch eigentlich etwas Abendfüllendes ergeben haben, oder? „Eigentlich hat der Fußballmanager ja über alles geredet: über Tagespolitik, über Umweltkatastrophen, über Essen und Trinken. Über Liebe… Über Kindererziehung. . . Über jedes Thema, das für uns eine Rolle spielt, für dich und für mich. Ansonsten hätte man das sieben Jahre lang gar nicht aushalten können. Und natürlich hat der zu Ostern über Wiederauferstehung geredet.“ Naja, der Fußball spielte auch manchmal eine Rolle, aber eben immer nur dann, wenn es einen Anlass dazu gab.

Ein Platz in der Heimat: Fritz Eckenga im Stadion Rote Erde.
Ein Platz in der Heimat: Fritz Eckenga im Stadion Rote Erde. © Volker Hartmann | Unbekannt

Der Trick bei diesen Figuren, meint Eckenga: Was sie beruflich tun, hat eine derartige Wichtigkeit, dass sie alles in ihren kleinen Kosmos hineinziehen – und aus diesem Kosmos heraus auch meinen, alles erklären zu können: „Hanns Dieter Hüsch hat mal gesagt: Der Niederrheiner versteht nix, kann aber alles erklären“, sagt Eckenga. In manchen Fällen schaut er sich allerdings auch am Spielfeldrand um und beobachtet einfach. „Was man da mitschreiben könnte, das sind die Sachen, die hier so geredet werden. Oder auch manchmal nicht geredet werden. Es gibt ja so Tribünendialoge, die könnten auch beim Metzger stattfinden. Also wo dann einer sagt: ,Was ist der denn für einer?’ Dann passiert erstmal gar nichts. Und der andere sagt nach einer gefühlten halben Stunde: ,Siehse doch!’ Man muss das nicht komisch finden. Aber das ist so eine Art Witz, der in irgendeiner Form hier in die Leute eingepflanzt wird.“

Der Fußball spielt, auch wenn er mal so gut wie gar nicht auf der Bühne thematisiert wird, trotzdem beruflich eine gewaltige Rolle für Eckenga – weshalb er es als besonders angenehm empfindet, samstags heimatnah spielen zu können.

Der Samstagstermin vorher

„Wenn ich im Ruhrgebiet auftrete, dann ist es so, dass ich einfach bestimmte Dinge voraussetzen kann, so eine Art Lebensgefühl. Ich sage überhaupt nicht, dass das bei allen Menschen deckungsgleich ist, auch im Ruhrgebiet nicht. Aber ich muss verschiedene Sachen einfach nicht erklären. Zum Beispiel, warum ich samstags manchmal Stress gehabt hab’ tagsüber. Denn ich hatte ja noch einen anderen Termin vorher.“ Das heißt: Statt sich in Ruhe auf den Samstagabend vorzubereiten, schaut der Mann sich teils nervenzerfetzende Spiele an? „Wenn ich das hinkriege, dass ich mir vorher noch das Fußballspiel angucke, kann ich den Leuten ja sagen: Bin spät gekommen, ging heut nicht anders, tut mir leid. Ich bin heute ein bisschen hektisch, warum wissen Sie ja!“

Um die Mannschaft zu sehen, an der ihm wirklich etwas liegt, muss Eckenga dann zwar doch nach nebenan gehen, auf die große Tribüne. Doch auch der Roten Erde stattet er manchmal noch einen Besuch ab, wenn er an einem Sonntag frei hat, das Wetter gut ist und die U23 von Borussia hier spielt. Und dann geht er auch zum Wurstpalast (Bratwurst, Currywurst, Pommes – je 2 €). Wann er hier die letzte Wurst gegessen hat? „Also wahrscheinlich, als ich hier das letzte Spiel geschaut habe, denn die Wurst hier ist echt nicht verkehrt“, sagt er. Den Geruch (Um was wollen wir wetten???) hat er noch immer in der Nase.

Eckenga live:

26.9.2014 Waltrop, Stadthalle, 28.9. Dortmund, Harenberg-City-Center, 7.11. Essen, Stratmanns Theater, 15.11. Bochum, Haus Spitz, 20.11. Dortmund, Fritz-Henßler-Haus, 21.11. Witten, Saalbau.

Am 6. Dezember 2014 wird das erste Bühnenstück von Fritz Eckenga, „Nicht ganz drei Tage“, uraufgeführt im Westfälischen Landestheater Castrop-Rauxel.