In Herne, Bochum, Essen und Dortmund gehören die E-Scooter schon zum Stadtbild. Welche Probleme es mit den Rollern gibt und was schon gut läuft.
In den Ruhrgebietsstädten Herne, Bochum, Essen und Dortmund sorgte die Einführung der neuen E-Scooter für Freude bei den politischen Entscheidungsträgern. Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda bezeichnete die Fahrzeuge beispielsweise als ein Baustein, um neue Formen der emissionsfreien Mobilität und die grüne Infrastruktur in der Stadt weiterzuentwickeln. Inzwischen ist die Freude nicht mehr ungetrübt, häufen sich die Unfälle und Beschwerden über wild geparkte Scooter. Die ersten Zwischenbilanzen der Städte klingen trotzdem eher positiv.
Seit Anfang Juni gibt es die E-Scooter in Herne. Sie rollten damit dank Einzelzulassungen des Herner Straßenverkehrsamts sogar zwei Wochen vor der bundesweiten Straßenzulassung. Wie Stadtsprecher Christoph Hüsken mitteilt, haben sich die Fahrzeuge bislang bewährt: „Es funktioniert gut. Es gab noch keine wilden Parksituationen. Auch die Zusammenarbeit mit dem Anbieter Circ klappt.“
Hüsken beobachte zudem einen rücksichtsvollen Umgang unter den verschiedenen Verkehrsteilnehmern. „Wir sind nicht Paris“, sagt er mit Blick auf die französische Hauptstadt, wo zuweilen ein veritables Chaos rund um die E-Scooter herrschte und so manches Exemplar auch in der Seine landete: „Aus dem Rhein-Herne-Kanal mussten wir noch keinen Roller fischen.“ Schwerwiegenden Unfälle, in die E-Scooter verwickelt waren, habe es darüber hinaus noch keine gegeben.
Sammelpunkte für E-Scooter in Bochum
Auch in Bochum fiele die Resonanz zu den Rollern positiv aus, berichtet Stadtsprecher Thomas Sprenger. „Manche beschweren sich aber, weil die Roller in der Fußgängerzone herumstehen“, schränkt er ein. In Bochum sind inzwischen alle drei Anbieter vertreten – sowohl Circ als auch Tier und seit kurzem auch Lime.
Mit Circ ging die Stadt Bochum eine Kooperationsvereinbarung ein. „Es ging um ein kontrolliertes Einführen der Roller und darum, sinnvolle Erfahrungen mit dem Thema zu machen“, erklärt Sprenger. Zu diesem Vorgehen habe gehört, spezielle Stellen einzurichten, in denen mehrere E-Scooter stehen dürfen wie zum Beispiel am Rathaus, an der Jahrhunderthalle oder am Hauptbahnhof. „Es läuft gut. Das Potenzial für dieses Fortbewegungsmittel in der Stadt ist vorhanden“, meint Sprenger.
Individuelles Fehlverhalten in Essen beobachtet
Auf einen kontrollierten Start setzte auch Essen mit dem Anbieter Lime. Man habe, anders als Bochum, darauf verzichtet, eigene Zonen für abgestellte E-Scooter einzurichten, erklärt Jasmin Trilling von der Pressestelle der Stadt. So etwas sei auch fürs Erste nicht geplant.
„Auffällig ist das individuelle Fehlverhalten der Fahrer. Sie missachten die Straßenverkehrsordnung und wissen nicht, was sie dürfen und was nicht“, zieht Trilling ein Zwischenfazit. Sie verweist damit auf Situationen, in denen zwei Personen auf einem Roller unterwegs waren oder verbotenerweise durch die Fußgängerzone fuhren.
Da es über die sozialen Medien immer wieder Beschwerden über an ungünstigen Stellen geparkte Roller gibt, appelliert Trilling nochmals, die Geräte so abzustellen, dass beispielsweise auf dem Gehweg noch genügend Platz für Fußgänger bleibt. „Wer seinen E-Scooter verkehrsbehindernd abstellt, riskiert eine Bußgeld“, erläutert Trilling.
Mehr als ein Bußgeld drohe sieben Personen, die nach dem Musikfest „Essen Original“ betrunken einen Roller gefahren, informiert ein Sprecher der Essener Polizei auf dieser Zeitung: „Wenn ich mit zwei Promille auf dem E-Scooter stehe, muss ich damit rechnen, dass mir der Führerschein abgenommen wird.“ Viele wüssten nicht, dass für einen E-Scooter dieselben Regeln gelten würden wie für ein Kraftfahrzeug. Unfälle habe es mit einem leicht- sowie einem schwer verletzten E-Scooter-Fahrer bis zum jetzigen Zeitpunkt nur zwei gegeben.
Dortmund schaut auf die Erfahrungen der anderen Städte
Dortmund hält sich mit einem ersten Lagebericht zurück. „Es ist noch zu früh, um etwas zu sagen. Man muss abwarten, wie sich das entwickelt“, sagt Christian Schön von der Pressestelle der Stadt mit Blick auf die beiden Verleiher Circ und Lime: „Noch haben wir relativ wenige E-Roller in Dortmund.“ Deshalb schaue man auch auf die anderen Ruhrgebietsstädte und deren Erfahrungen mit den neuen Vehikel.
In den ersten zwei Monaten habe es vereinzelte Unfälle mit E-Scootern gegeben, schrieb die Polizei Dortmund in einer Pressemitteilung. Wie zum Beispiel am 20. August als ein 37-jähriger Mann wegen eines technischen Defekts an seinem E-Scooter zu Sturz kam und sich dabei leicht verletzte.
„Aus den Rückmeldungen der Menschen wissen wir, dass die Roller schnell eingesammelt werden, wenn sie irgendwo im Weg herumstehen“, verrät Schön, „die Leute rufen dann bei den Anbietern an und dann werden die Scooter umgestellt. Das funktioniert gut.“ Trotz dieser positiven Erkenntnis weiß er aber auch: „Mit der Anzahl der E-Scooter werden wohl auch die Beschwerden wachsen.“
Stiftung Warentest testet die E-Scooter im Berliner Straßenverkehr
Doch wie fährt sich eigentlich ein solcher E-Scooter? Stiftung Warentest hat die Fahrzeuge der vier Verleiher Circ, Lime, Tier und Voi bei einem Test unter anderem auch in dieser Hinsicht miteinander verglichen. Das Ergebnis: Während das Fahren auf ebenem Untergrund mit allen vier Modellen Spaß macht, wird es auf holprigen Pisten ungemütlich. In einer Pressemitteilung der Stiftung heißt es: „Sobald man mit ihnen über Kanten, Kopfsteinpflaster oder Huckel fährt, ist der Fahrspaß vorbei.“ Mehr noch: „Teilweise wurden unsere Tester so durchgeschüttelt, dass sie die Fahrt wegen Sicherheitsbedenken abbrachen.“
Den besten Eindruck hat der Scooter des Anbieters Tier gemacht. Der Lenker sei auch für große Menschen hoch genug und beide Handbremsen ließen sich einfach bedienen. Generell überwiegt jedoch die Kritik an der Manövrierbarkeit der zweirädrigen Gefährten. Das Abbiegen habe sich als bedrohliche Angelegenheit erwiesen. Die Roller wackelten stark, die Fahrer konnten deshalb bei Richtungsänderungen nicht einhändig fahren, um Handzeichen zu geben.
Apps sind alle leicht zu bedienen
Die Stiftung kommt zudem zu dem Schluss, dass die Fahrt selbst auf kurzen Strecken teuer sei als der öffentliche Nahverkehr, Leihfahrräder und teilweise auch Car-Sharing. Zur Entsperrgebühr von einem Euro addieren sich bei allen vier Verleihern noch - je nach Stadt - Minutenpreise zwischen 15 und 25 Cent pro Minute. Am teuersten war der amerikanische Vermieter Lime.
Die Apps, um die Fahrzeuge im Stadtgebiet zu finden, zu entleihen und wieder zurückzugeben seien allesamt einfach zu installieren und bedienen. Besonders übersichtlich schnitten die Apps von Circ und Tier ab. Was die Stiftung aber kritisch sieht: Die Apps senden mehr Nutzerdaten, als für ihre Funktion notwendig ist - sowohl in der iOS als auch in der Android-Variante. Die Folgerung der Tester: „Bei allen vier Anbietern im Test entrichten die Nutzerinnen und Nutzer also nicht nur einen enormen Preis für die Fahrten. Sie zahlen darüber hinaus auch noch mit ihren Daten.“