Essen. Zinssprünge erfreuen Anlegerinnen und sorgen Kreditnehmer. Prognosen und Tipps von Commerzbank-Manager Mario Peric im WAZ-Podcast.
Nach zehn Jahren Zinsflaute haben auch die Geldinstitute eine Wende herbeigesehnt. Angesichts der historisch hohen Inflation dreht die Europäische Zentralbank nun kräftig an der Zinsschraube. Der Leitzins liegt wieder bei zwei Prozent. Zur Freude der Anlegerinnen, zum Leidwesen der Kreditnehmer. Trotz der Turbulenzen mahnt Mario Peric, NRW-Chef der Commerzbank, im WAZ-Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ zur Gelassenheit und sieht keinen Anlass für Panik.
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Die Commerzbank ist gerade dabei, ihr bundesweites Filialnetz zu halbieren. Die im vergangenen Jahr angekündigten Schließungen fallen nun in eine Zeit, in der der Beratungsbedarf der Kundinnen und Kunden spürbar steigt. „Krieg, Krisen, Rezessionssorgen werfen viele Fragen auf“, sagt Peric. Ihrem Beratungsauftrag komme sein Haus dennoch nach, betont der Banker. „80 Prozent unserer Kundenkontakte finden digital statt. Diesen Realitäten müssen wir uns stellen.“
Mario Peric: steile Karriere bei der Commerzbank
Mario Peric ist erst 43 Jahre alt. Mit dem Schulabschluss der Mittleren Reife hat er eine steile Karriere bei der Commerzbank hingelegt. Als Bereichsvorstand führt er inzwischen das Privatkundengeschäft in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg. Es war seine Initiative, beim jüngsten tiefgreifenden Umbau der Commerzbank die Zentrale des Südwest-Geschäfts in Düsseldorf anzusiedeln.
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„Wir haben inzwischen in Deutschland ein Sparvermögen von drei Billionen Euro. Allein 2020 und 2021 sind noch einmal 200 Milliarden Euro hinzugekommen. Gleichzeitig erleben wir eine extreme Konsumzurückhaltung. Das hat sich jetzt entladen“, beschreibt er die Lage. Hinzu kämen Lieferkettenprobleme und eine zweistellige Inflation. „Das ist ein gefährlicher Cocktail“, meint Peric.
Rückkehr der Schatzbriefe und Tagesgeldkonten
Menschen, die Geld zurücklegen können, profitieren vom Ende der Null-Zins-Politik. „Anleihen, Schuldverschreibungen, Obligationen, Schatzbriefe, Festgelder und Tagesgeldkonten kommen zurück“, beobachtet der Bereichsvorstand und prophezeit zugleich, dass der Leitzins 2,75 Prozent nicht überschreiten werde.
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Definitiv fest steht das aber längst nicht. „Die Inflation ist da, das ist sicher. Jetzt ist die Frage, was man will“, sagt Peric an die Adresse der Anleger. Man brauche deshalb zehn Prozent Rendite, um kein weiteres Schrumpfen des Vermögens zu riskieren. Deshalb rät er auch weiterhin zum Kauf von Aktien und diese über einen längeren Zeitraum von bis zu zehn Jahren zu halten.
Bauzinsen: „Bei 4,5 Prozent wird erst einmal Schluss sein“
Sehr viel weniger rosig wirkt sich der Zinssprung dagegen auf Kreditnehmer aus. Vor einem Jahr lagen die Bauzinsen noch auf dem historisch niedrigsten Stand von einem Prozent. „Momentan sind wir bei 3,5 bis 4 Prozent“, sagt Peric und schiebt gleich eine gute Nachricht hinterher. „Bei 4,5 Prozent wird erst einmal Schluss sein.“ Die Auswirkungen für potenzielle Erwerber von Immobilien seien dennoch unübersehbar: „Man rechnet nach. Viele kommen ins Grübeln und halten sich mit einer Kaufentscheidung zurück. Gleichzeitig sind die Verkäufer nicht bereit, mit den Preisen herunterzugehen. Deshalb sehen wir viel weniger Transaktionen“, skizziert der Banker die Lage.
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Die größten Sorgen indes haben aktuell Eigentümer, deren günstige Zinskonditionen demnächst auslaufen. Peric verbreitet Zuversicht, dass Träume vom eigenen Haus oder der Eigentumswohnung jetzt nicht reihenweise zerplatzen. „Ich glaube nicht, dass wir hier große Probleme sehen werden, weil in den letzten Jahren auch getilgt wurde. Die Schuldenlast hat sich gesenkt“, sagt er. Zudem habe die Commerzbank ihre Kundinnen und Kunden früh auf die sich abzeichnende Zinswende aufmerksam gemacht und frühzeitig zur Verlängerung von mehrjährigen Finanzierungen geraten.
Die Renaissance des Bausparvertrags
Zugleich sieht er die Renaissance des aus der Mode gekommenen Bausparvertrags gekommen. „Der Zinssatz ist fix auch auf 20 oder 30 Jahre“, nennt Peric einen Vorteil. Bei der Bausparkasse Wüstenrot, mit der die Commerzbank zusammenarbeitet, sehe man bereits einen Anstieg der Neuabschlüsse von über 30 Prozent. „Das machen auch sehr vermögende Kunden. Das ist ein Breitenphänomen“, meint der Bereichsvorstand. Sein Tipp: „Man hat noch ein gewisses Zeitfenster, um sich die alten und extrem günstigen Zinssätze jetzt noch zu sichern. Wer darüber nachdenkt, sollte nicht zu lange warten.“