Ruhrgebiet. Die Gaspreise in der Grundversorgung gehen in den Ruhrgebietsstädten weit auseinander. Gelsenkirchen ist am günstigsten, Duisburg am teuersten.

Wie teuer das Heizen in diesem Winter wird, hängt sehr vom Wohnort ab, auch im Ruhrgebiet. Wie ein WAZ-Vergleich der Verbrauchspreise in den Grundversorgungstarifen der Stadtwerke ergab, reichen diese ab November von 14,54 Cent je Kilowattstunde (kWh) in Gelsenkirchen bis 21,96 Cent in Duisburg. Das macht bei einem Jahresverbrauch einer vierköpfigen Familie von 20.000 kWh einen Unterschied von 1484 Euro aus.

Vor der Erhöhungswelle sind die Unterschiede noch viel größer: Die Verbraucherzentrale NRW sieht aktuell für Gas-Neukunden landesweit Preise zwischen 6,94 und 32,20 Cent. Ab November dürfen die Versorger keine unterschiedlichen Preise mehr für Neu- und Bestandskunden nehmen, wodurch vor allem für Bestandskunden die Preise sprunghaft steigen. Laut Verbraucherzentrale reichen die Jahresrechnungen für einen Beispielhaushalt mit 20.000 kWh Verbrauch in NRW von 1388 bis 6440 Euro.

Manche Stadtwerke haben sich beim Einkauf verzockt

Die Unterschiede bei den Gaspreisen kommen vor allem durch die Beschaffungs-Strategien der einzelnen Stadtwerke zustande, also bei wem sie ihr Gas beziehen, wie lange ihre Lieferverträge laufen und wann sie wie teuer neu ordern. „Die einen haben sich im Sommer mit Gas eingedeckt, die andere in der Hoffnung auf bald wieder sinkende Preise gewartet – und sich damit verzockt“, sagt Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW. Einen kleinen Teil machen auch die von Stadt zu Stadt unterschiedlich hohen Netzentgelte und Konzessionsabgaben aus.

Im Oktober kommt für gewerbliche wie private Gaskunden die staatliche Umlage von 2,4 Cent zur Rettung angeschlagener Gasimporteure wie Uniper obendrauf. Sie nimmt bei den aktuellen Preiserhöhungen allerdings meist den kleinsten Teil ein – die Stadtwerke Duisburg etwa erhöhen zum 1. November von 8,60 auf 21,96 Cent, für einen Musterhaushalt ist das eine Erhöhung um 2672 Euro im Jahr. Auch in Essen, Dortmund und Bochum steigen die Preise um das Doppelte und mehr.

Verbraucherzentrale: Es gibt keinen Markt mehr

Weil anders als vor der Energiekrise die Grundversorgungstarife inzwischen für Neukunden meist die günstigsten sind und es immer nur einen Grundversorger am Ort gibt, können Gaskundinnen und -kunden Preiserhöhungen kaum noch entgehen. „Das Wechselgeschehen ist quasi zum Erliegen gekommen“, sagt Energieexperte Sieverding, „es gibt keinen Markt mehr“. Wer in einem günstigen, lang laufenden Sondervertrag mit Preisbindung steckt, hat Glück. In diese Tarife hinein kommt aber niemand mehr, für Neukunden liegen sie über denen der Grundversorgung.

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Wer bei einem anderen Anbieter Gas bezieht und nach einer Erhöhung ordentlich kündigt, könne aber zum örtlichen Grundversorger wechseln. Sieverding rät aber, dann darauf zu achten, nicht zuerst drei Monate in die teurere Ersatzversorgung eingruppiert zu werden. Das sei nur in Ausnahmen wie der Pleite des bisherigen Versorgers zulässig, aber nicht bei einem normalen Wechsel. Dennoch häuften sich auch in NRW Beschwerden bei der Verbraucherzentrale, dass Stadtwerke neue Kunden zuerst in die Ersatzversorgung stecken wollten.

Lindner lässt eine Gaspreisbremse ausarbeiten

Die Stadtwerke befürchten, dass viele ihre Rechnung nach den Erhöhungen nicht mehr bezahlen können. Um das zu verhindern, lässt die Bundesregierung nun einen Gaspreisdeckel prüfen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat in seinem Haus einen „Arbeitsstab Gaspreisbremse“ eingerichtet, der Wege finden solle, den Markt zu beruhigen und so Betriebe und Haushalte zu schützen. Im Gespräch ist in Berlin und vor allem den Bundesländern ein staatlich garantierter Basispreis für etwa 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs, für alles darüber würde der hohe Marktpreis gelten.

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Energieexperte Sieverding hält davon wenig, weil ein Deckel alle Verbraucher entlasten würde und deshalb zu teuer würde. „Eine weitere Gießkanne wie den Gaspreisdeckel können wir uns nicht leisten“, sagt er. So könne etwa ein gut verdienender Single in seiner top gedämmten Neubauwohnung mit sehr wenig Gas auskommen und werde durch einen Preisdeckel maximal entlastet. Eine Geringverdiener-Familie in unsaniertem Altbau habe es ungleich schwerer, mit dem Gas-Kontingent bis Erreichen des Deckels auskommen. Sieverding plädiert daher für direkte Hilfen an Geringverdiener und die untere Mittelschicht sowie an besonders betroffene Betriebe.