Essen/Dortmund. Der Essener Versorger Steag verbucht in der Energiekrise Zuwächse. Ein Verkauf des Konzerns soll die Kassen von Revierstadtwerken füllen.

Der Essener Energiekonzern Steag soll spätestens im Laufe des kommenden Jahres neue Eigentümer bekommen. „Es kann mit Jahresbeginn konkret in die Verkaufsverhandlungen gegangen werden“, berichtet Guntram Pehlke, der Chef der Dortmunder Stadtwerke DSW21. Mit einem Anteil von 36 Prozent an der kommunalen Muttergesellschaft KSBG hält Dortmund unter den Revierstädten die umfangreichste Steag-Beteiligung. Das Ziel sei es, im ersten Halbjahr des nächsten Jahres zur Unterschrift eines Käufers zu kommen. Bis Ende 2023 soll der Steag-Deal auch formal abgeschlossen sein. Mit Blick auf diesen Zeitplan seien sich „alle einig“, sagt Pehlke.

Trotz einer Aufspaltung der Steag in einen grünen und einen schwarzen Geschäftsbereich geht Pehlke von einem Verkauf des Konzerns als Ganzes aus. Die Steag-Eigentümer seien sich „einig, dass wir Steag nur als Ganzes veräußern wollen“, betont der DSW21-Chef. Mit den Plänen zur Zweiteilung des Konzerns sollen sich in den kommenden Tagen auch Stadträte der Steag-Kommunen befassen.

Derzeit gehört die Steag mehreren Stadtwerken aus dem Ruhrgebiet, die vor mehr als zehn Jahren eingestiegen sind. Für insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro übernahmen die kommunalen Betriebe den traditionsreichen Essener Energieversorger vom Chemiekonzern Evonik. Mittlerweile wollen sämtliche Steag-Städte – neben Dortmund auch Essen, Bochum, Duisburg, Dortmund, Oberhausen und Dinslaken – wieder aussteigen.

Zweiteilung des Konzerns – dennoch Verkauf als Ganzes geplant

Im Frühjahr hat Steag-Chef Andreas Reichel eine Zweiteilung des Unternehmens auf den Weg gebracht. Durch die Aufspaltung sollen zwei Teilkonzerne entstehen: ein Unternehmen mit Geschäften rund um erneuerbare Energien und ein Betreiber von Kohlekraftwerken. Das sollte die Möglichkeit eröffnen, auch Teile des Essener Energiekonzerns an Investoren abzugeben. Da auch die deutschen Steag-Kohlekraftwerke angesichts der Gaskrise gut laufen, werde ein Komplettverkauf nun wahrscheinlicher, berichtete Reichel unlängst.

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Die Steag sei „mitnichten ein Sanierungsfall mehr“, sagt Pehlke. Er gehe daher davon aus, dass die Stadtwerke durch den Verkaufserlös „ihr Investment wiederbekommen werden“. Die Investmentbank Morgan Stanley hat nach Unternehmensangaben bereits zahlreiche potenzielle Investoren angesprochen. „Es ist alles unterwegs, was im Markt Rang und Namen hat“, berichtet Pehlke mit Blick auf potenzielle Steag-Käufer. Sowohl institutionelle Anleger als auch Investmentfonds sowie Unternehmen aus der Energiebranche hätten Interesse an einer Steag-Übernahme gezeigt. Zu Namen könne er sich nicht äußern, da die Beteiligten Vertraulichkeitserklärungen unterzeichnet hätten, so Pehlke.

„Transaktionsausschuss“ mit Arbeitnehmervertretern

Rund 5700 Arbeitsplätze hat die Steag. Etwa 1900 Beschäftigte sollen zum schwarzen und 3800 zum grünen Bereich gehören. Mit dem IGBCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis ist auch ein Gewerkschaftschef in den Verkaufsprozess eingebunden. So soll nach Informationen unserer Redaktion ein „Transaktionsausschuss“ gebildet werden, der mit vier Vertretern aus dem Kreis der Arbeitnehmervertreter und der IGBCE sowie vier Stadtwerkevertretern besetzt sein soll.

In der aktuellen Energiekrise hat die Steag einen Gewinnsprung verbucht. In den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres konnte der Konzern seinen Umsatz eigenen Angaben zufolge auf rund 2,41 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Das Konzernergebnis nach Steuern vervielfachte sich auf rund 320 Millionen Euro – nach knapp 39 Millionen Euro im Vorjahreshalbjahr. Im bevorstehenden Winter könnten die Kohlekraftwerke der Steag besonders gefragt sein. Dass Sondergewinne der Steag vom Staat eingezogen werden, erwarte er nicht, sagt Pehlke: „Wir glauben nicht, dass es zu einer Zufallsgewinn-Abschöpfung bei Steag kommt.“