Bochum. Die Telekom baut im Ruhrgebiet 600.000 Glasfaser-Anschlüsse bis 2024. Deutschlandchef Gopalan äußert sich im Interview zu den Kosten für Kunden.

Lange hat die Deutsche Telekom auf ihr Kupferkabel und die DSL-Anschlüsse in den Haushalten gesetzt. Da Kundinnen und Kunden beim Hoch- und Herunterladen von Daten und Filmen immer höhere Geschwindigkeiten brauchen, investiert der einstige Staatskonzern nun massiv in den Ausbau des Glasfaser-Netzes. Mit Deutschlandchef Srini Gopalan sprachen wir über die Pläne der Telekom, warum ein Schwerpunkt der Digitalisierung für sie im Ruhrgebiet liegt und welche Kosten auf die Kundinnen und Kunden zukommen.

Herr Gopalan, in Bochum sollen bis 2032 rund 90 Prozent der Haushalte an das Glasfaser-Netz angeschlossen sein, in Essen will die Deutsche Telekom jährlich 50.000 zusätzliche Anschlüsse schaffen. Warum dauert der Glasfaser-Ausbau in Deutschland so lange?

Srini Gopalan: Der Eindruck täuscht. Deutschland hat mehr Glasfaser als andere große europäische Länder. Dort werden immer noch im Durchschnitt 500 bis 600 Meter bis zu den Nutzerinnen und Nutzern mit Kupferkabeln überbrückt. In Deutschland sind es nur 200 bis 400 Meter.

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Ihre Wettbewerber werfen der Telekom gern vor, zu lange auf Kupferkabel und die nicht so leistungsfähige DSL-Technik gesetzt zu haben.

Gopalan: Wir standen in Deutschland immer vor der Wahl, ob wir hohe Geschwindigkeiten für alle oder Gigabit für einige wenige Menschen ermöglichen. Die Telekom hat sich für Highspeed für alle entschieden. Und das war richtig so – gerade die Pandemie hat dies gezeigt. Das Vectoring, also die Verdoppelung der Geschwindigkeit in den bestehenden Leitungen, hat sich bewährt. In unserem Netz können 34,3 Millionen Haushalte einen Tarif mit bis zu 100 Megabit pro Sekunde buchen.

Nun will die Telekom aber massiv das Glasfasernetz ausbauen. Warum?

Gopalan: Wir haben immer gesagt, dass Vectoring eine Brückentechnologie ist. Diese Brücke führt zu Glasfaser. Der Kupferdraht stößt bei der Übertragungsgeschwindigkeit an seine Kapazitätsgrenze, weil die Datenmengen immer größer werden. Deshalb werden wir 30 Milliarden Euro in das Glasfaser-Netz investieren. Bis 2024 wollen wir mehr als zehn Millionen Menschen und Unternehmen mit Glasfaser versorgen. Unser Ziel ist es, dass bis zum Jahr 2030 alle Haushalte und Unternehmen in Deutschland Glasfaser nutzen können. Wir als Telekom wollen zwei Drittel der Kundinnen und Kunden anschließen. Den Rest müssen unsere Wettbewerber übernehmen.

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Wird das Budget angesichts galoppierender Baukosten, Fachkräftemangel und Materialknappheit ausreichen?

Gopalan: Für die nächsten Jahre wird es genug Kapazität geben. Wir sind bereit, eine mehrjährige Preisverpflichtung mit unseren Ausbaupartnern einzugehen. Auf diese Weise wird die Auswirkung der Inflation geringer. Viel wichtiger ist für uns, dass wir schnellere Baugenehmigungen erhalten.

Über zu viel Bürokratie klagen auch Ihre Wettbewerber. Was fordern Sie konkret?

Gopalan: Wenn wir in einer Stadt ein Glasfasernetz verlegen wollen, haben wir es mit bis zu zwölf Behörden zu tun und müssen unzählige Formulare ausfüllen. Das kann man wirklich vereinfachen. Darüber hinaus sind wir darauf angewiesen, dass wir Glasfaser mit alternativen Methoden verlegen dürfen. Die Vorschrift, 60 Zentimeter tief graben zu müssen, kostet viel Geld und Zeit.

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Erwarten Sie öffentliche Zuschüsse?

Gopalan: Wir brauchen Förderung in dünn besiedelten Gebieten, wo die Verlegung von Glasfaser unwirtschaftlich ist. In Metropolen wie dem Ruhrgebiet brauchen wir kaum staatliche Mittel. Zu viel öffentliche Förderung verlangsamt den Ausbau nur. Deshalb sind wir für Förderung mit Augenmaß. Die Telekom ist angetreten, die Digitalisierung bundesweit voranzubringen. Wir bauen überall und betreiben keine Rosinenpickerei.

Werden die Kundinnen und Kunden vor dem Hintergrund der immensen Investitionen die Kosten für einen Glasfaseranschluss am Ende überhaupt stemmen können?

Gopalan: Die Menschen zahlen für die Datengeschwindigkeit, die sie buchen. 250 Megabit kosten bei einem herkömmlichen Anschluss genau so viel wie über Glasfaser. Für die Kunden entstehen also keine Mehrkosten. Im übrigen auch nicht für die Eigentümer der Immobilie. Der Hausanschluss ist kostenlos. Und wenn die Mieter unsere Tarife buchen, verlegen wir das Glasfaserkabel in die Wohnung. Bei großen Wohnungsunternehmen ist das auch ohne Buchung möglich.

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Ist denn die Nachfrage nach Glasfaser-Anschlüssen in Privathaushalten so groß, dass sich die Investition für die Telekom rechnet?

Gopalan: Die Nachfrage ist groß. Wir beobachten, dass die Kunden im Laufe der Zeit ihre Datengeschwindigkeit immer weiter bis zu einem Gigabit aufstocken – weil sie zu Hause arbeiten oder die Kinder Filme herunterladen. Das passiert natürlich nicht über Nacht. Auf der anderen Seite ist die Telekom nicht nur ein kommerzielles Unternehmen, das Geld verdienen will. Wir nehmen unsere gesellschaftliche Verantwortung ernst – es geht um digitale Teilhabe. Beim Glasfaserausbau gehen wir auch ins kalkulierte Risiko. Wie andere Kaufleute auch gehen wir in Vorleistung mit unserem Bau der Infrastruktur. Wir bauen, ohne zuvor den Bedarf in den jeweiligen Regionen abzufragen. Glasfaser ist einfach die Zukunft.

In Bochum ist die Telekom eine Partnerschaft mit der Stadtwerketochter Glasfaser Ruhr eingegangen. Ist das eine Blaupause?

Gopalan: Wir haben uns für diese Partnerschaften geöffnet. Die Glasfaser Ruhr baut das Glasfasernetz für 185 Millionen Euro und wir werden es betreiben. In Essen dagegen bauen wir selbst. Wir sind da flexibel. Unabhängig davon werden wir unsere Glasfasernetze auch für andere Telekommunikationsunternehmen öffnen. Es soll keine Monopole geben.

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Welche Rolle spielt das Ruhrgebiet für die Telekom?

Gopalan: Eine große. Von den zehn Millionen Haushalten, die wir bis 2024 mit einem Glasfaseranschluss ausstatten wollen, liegen rund 600.000 im Ruhrgebiet. Bis 2024 werden es in Essen 165.000 Anschlüsse sein, in Dortmund 125.000, in Duisburg und Gelsenkirchen jeweils 40.000, in Oberhausen 30.000 und in Bochum 134.000 Anschlüsse bis 2032 – um nur die größten Projekte zu nennen.

Was macht Sie so sicher, dass Glasfaser die Technik der Zukunft sein wird?

Gopalan: Von Albert Einstein wissen wir, dass nichts schneller ist als die Lichtgeschwindigkeit. Und Glasfaser ermöglicht es, Daten in Lichtgeschwindigkeit zu übertragen.