Düsseldorf. Beim Tempo der Genehmigung von Funkmasten sei Deutschland Schlusslicht in Europa, moniert Betreiber Vantage Towers. Die Firma strebt an die Börse.

Der Telekommunikationskonzern Vodafone will seine hundertprozentige Funkturm-Tochter Vantage Towers an die Börse bringen. Die Firma war erst im vergangenen Jahr ausgegliedert worden und hat ihre Zentrale in Düsseldorf bezogen. Mit Geschäftsführer Christian Sommer sprachen wir darüber, was das Geschäft mit stählernen Funktürmen für mögliche Aktionäre attraktiv macht und und ob ein Ende der Funklöcher in Sicht ist.

Herr Sommer, der geplante Börsengang von Vantage Towers gilt als einer der bedeutendsten in diesem Jahr. Aber kaum jemand kennt Ihr Unternehmen, warum?

Christian Sommer: Uns gibt es ja auch erst seit Mai 2020, als Vodafone das Geschäft mit Funktürmen und Dachantennen in eine eigenständige Gesellschaft ausgründete. Wegen der Corona-Pandemie habe auch ich bislang nur wenige meiner neuen 420 Kollegen persönlich kennengelernt. Wir arbeiten zumeist im Homeoffice.

https://www.waz.de/wirtschaft/wirtschaft-in-nrw/vodafone-chef-nrw-ist-deutschlands-digitaler-spitzenreiter-id231333796.htmlIhre Zentrale liegt gleich gegenüber dem Campus von Vodafone Deutschland. Warum fiel die Wahl auf Düsseldorf?

Sommer: Deutschland ist unser größter Markt. Hier haben wir die meisten Standorte. Von den aktuell 82.000 Masten in zehn Ländern in Europa stehen 19.400 in Deutschland. Und Vodafone ist unser Hauptkunde. Da macht die Nähe zum Düsseldorfer Campus Sinn.

Um die leidigen Funklöcher zu stopfen, braucht es zusätzliche Antennen. Wie lauten Ihre Planungen?

Sommer: Vodafone hat bekannt gegeben, bis zum Jahr 2025 rund 5500 weitere Mobilfunkstandorte in ihr Netz aufzunehmen. Unsere Aufgabe ist es, die geeigneten Standorte zu finden, die baurechtlichen und behördlichen Genehmigungen einzuholen und die Funkmasten zu bauen. Am Ende gehört Vantage Towers also sozusagen der Stahl und Beton, für die Antennentechnik selbst sind die Telekommunikationsunternehmen verantwortlich.

https://www.waz.de/wirtschaft/5g-netz-waechst-corona-bremst-anwendung-fuer-handy-nutzer-id230889664.htmlDie Netzbetreiber beklagen immer wieder, dass die Genehmigungsverfahren so lange dauern. Ist Besserung in Sicht?

Sommer: Nach einigen Runden mit der Politik geht es inzwischen etwas schneller. Wir sind aber immer noch nicht zufrieden. Im Vergleich zu anderen Ländern ist Deutschland beim Tempo europäisches Schlusslicht. In Portugal etwa dauern Genehmigungsverfahren unter 90 Tage, in Deutschland im Durchschnitt ein Jahr. Die Bestrebungen in den Bundesländern, schneller zu werden, sind aber da.

Christian Sommer gehört zur Geschäftsführung von Vantage Towers.
Christian Sommer gehört zur Geschäftsführung von Vantage Towers. © Vodafone | Valèry Kloubert

Bürgerinitiativen protestieren vor allem gegen Antennen für den neuen Mobilfunkstandard 5G, weil sie gesundheitliche Gefahren durch die Strahlung befürchten. Wie gewährleisten Sie ausreichenden Schutz?

Sommer: Das Thema Sicherheit steht ganz oben auf unserer Agenda. Mit den gesetzlich festgelegten Grenzwerten für sicheren Mobilfunk haben wir in Deutschland und Europa ein sehr hohes Schutzniveau. Um nicht alle 100 Meter einen Funkmast bauen zu müssen, nutzen beispielsweise auch die Deutsche Telekom und Telefonica/O2 oder andere Funknetzbetreiber unsere Standorte. Sie teilen uns die Strahlenintensität ihrer Antennen mit und wir stellen sowohl rechnerisch als auch durch regelmäßige Messungen sicher, dass die Grenzwerte pro Standort nicht überschritten werden. Oft liegen sie weit darunter. Damit sind wir auf der sicheren Seite.

Funkanlagen waren im Ausland zuletzt immer wieder Ziele von Anschlägen. Sehen Sie die Gefahr auch in Deutschland?

Sommer: Der beste Schutz ist Aufklärung. Vor allem in den sozialen Netzwerken sind sehr viele unseriöse Beiträge über die angebliche Gefahr von 5G unterwegs. Wir versuchen mit Fakten dagegen zu halten. Es ist egal, ob es sich um 3G oder 4G oder 5G handelt. Nach derzeitigem Kenntnisstand der Wissenschaft gibt es unterhalb der Grenzwerte keine Hinweise auf eine Gefährdung von Mensch, Tier oder Natur.

https://www.waz.de/wirtschaft/vodafone-tochter-plant-boersengang-und-7100-neue-funkmasten-id230932668.htmlAnalysten bewerten Vantage Towers im Vorfeld des erwarteten Börsengangs mit rund 20 Milliarden Euro. Was macht stählerne Funkmasten so sexy?

Sommer: Zu einem möglichen Börsengang kann ich nichts sagen. Aber klar ist: 5G ist ein absoluter Wachstumsmarkt. Angesichts von negativen Zinsen werfen Funkmasten eine attraktive Rendite ab, weil wir mit unseren Kunden langlaufende Verträge mit einträglichen Mietsätzen abschließen. Das bedeutet eine große Planungssicherheit.

Müssen Sie aber nicht davon ausgehen, dass irgendwann die Satellitentechnik Ihre Stahlgestelle überflüssig machen wird?

Sommer: Warum sollte man mit viel Energieaufwand ein Funksignal ins Weltall schicken, wenn der nächste Funkmast nur 50 Meter entfernt steht? Masten werden noch eine sehr lange Zeit Funksignale in das zukunftsträchtige Glasfasernetz einspeisen. Satellitentechnik könnte aber als Ergänzung zu unserer Infrastruktur genutzt werden. Zum Beispiel auf hohen Bergen, wo es schwierig wäre, einen Funkmast an Glasfaser anzubinden. Oder in dünn besiedelten Gebieten, wo es wirtschaftlich keinen Sinn machen würde, für wenige Haushalte einen Mast zu bauen.

Noch ist Vantage Towers eine hundertprozentige Vodafone-Tochter. Wird Ihr Mutterkonzern auch nach dem Börsengang eine wichtige Rolle im Unternehmen spielen?

Sommer: Wie gesagt, kein Kommentar zum Thema Börsengang. Vodafone wird unser größter Kunde sein. Ansonsten ist Vodafone darauf ausgerichtet, unabhängig von Vodafone zu sein. Das wird auch der Aufsichtsrat sicherstellen.

>>> Zur Person

Christian Sommer bezeichnet sich selbst als „Urgestein von Vodafone“. Seit 20 Jahren arbeitet er an unterschiedlichen Stellen für den Telekommunikationskonzern. In der Geschäftsführung der abgespaltenen Funktürme-Tochter Vantage Towers ist er für Rechtsfragen zuständig.

Vodafone will Vantage Towers voraussichtlich in diesem Frühjahr an die Börse bringen, zunächst aber die Mehrheit behalten.