Bochum. Immobilienbericht: Im Ruhrgebiet werden deutlich mehr Büros gebaut als vor Corona. Auch der Logistik-Boom hält an. Nur die Ladenmieten sinken.

Die Mieten im besonders von der Corona-Krise gebeutelten Einzelhandel sinken, neue Verkaufsflächen werden besonders von Modehändlern im Ruhrgebiet kaum noch nachgefragt. Dagegen wächst der Neubau von Logistikhallen und auch von Bürogebäuden weiter an, beide Immobiliensegmente sind zwischen Duisburg und Dortmund gut durch die Pandemie gekommen. Das sind die zentralen Ergebnisse des Immobilienmarktberichts Ruhr, den die Business Metropole Ruhr (BMR) am Montag in Bochum veröffentlicht hat.

Nicht mit allen Entwicklungen war so zu rechnen: Auf Bürogebäude sahen die meisten Experten schwere Zeiten zukommen. Denn der aus der Not heraus gewachsene Trend zum Homeoffice wird mit der Pandemie nicht wieder verschwinden, zeigen zahlreiche Umfragen dazu. Die leeren Büros füllen sich langsam wieder, viele Unternehmen rechnen aber damit und zeigen sich auch offen dafür, dass ein Teil ihrer Beschäftigten künftig zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten wird.

Büro-Neubau legt 2021 im Ruhrgebiet deutlich zu

Doch eine sinkende Nachfrage nach Büroräumen lässt sich im Ruhrgebiet nicht erkennen, im Gegenteil: Für das Gesamtjahr 2021 wird für die Metropole Ruhr ein Neubau von 264.000 Quadratmetern hochgerechnet, das wäre fast doppelt so viel wie der langjährige Durchschnitt von 144.000 qm. Die größten Treiber dieser Entwicklung sind Essen (65.000 qm) und und Dortmund (43.500 qm), gefolgt von Moers (40.000 qm), Bochum (18.500 qm) und Gelsenkirchen (13.000 qm).

„Etwas überraschend“ nannte das auch die neue BMR-Chefin Julia Frohne. Sie betonte, das Ruhrgebiet liege mit dieser Dynamik auf Platz zwei der sieben wichtigsten Immobilienstandorte Deutschlands. Von diesen sieben so genannten A-Städten hat nur Berlin noch mehr Büros zugebaut. Frohne sieht das als Zeichen dafür, dass es im Ruhrgebiet noch immer Nachholbedarf an Büroflächen gebe, der dem Wandel zum Dienstleistungsstandort folgt. Für die Investoren vergleichsweise vorteilhaft ist auch die im Corona-Jahr leicht auf 4,2 Prozent gestiegene Leerstandsquote.

Spitzenmieten bei 17 Euro je Quadratmeter

Ein Argument, ins Ruhrgebiet zu ziehen, sind nach wie vor die im Vergleich mit Berlin, München und Hamburg sehr günstigen Büromieten: Die Spitzenmieten sind in den Top-Lagen von Dortmund, Bochum, Essen und Duisburg zwar leicht auf 17 Euro pro Quadratmeter gestiegen, das ist aber immer noch knapp die Hälfte des bundesweiten Durchschnitts der A-Städte von 33,10 Euro. In den B-Städten Bottrop, Gelsenkirchen, Herne oder Mülheim liegen die erzielbaren Spitzenmieten bei nur 13 Euro. Die Durchschnitts-Büromiete im Revier blieb mit 8,40 Euro stabil, in den vier Top-Städten stieg sie sogar leicht um zehn Cent auf elf Euro.

Im Einzelhandel spiegelt sich die Corona-Krise auch bei den Handelsimmobilien wider: Ladenschließungen und ein Nachfragerückgang bei Neuvermietungen lassen die Mieten sinken: Die gemittelte Durchschnittsmiete für 1a-Lagen sank 2020 um 3,2 Prozent auf 33,70 Euro, bis Mitte 2021 gab sie um weitere 5,5 Prozent auf nun 31,90 Euro nach. Die Durchschnittsmiete für Stadtteillagen blieb dagegen stabil bei 8,60 Euro.

Ladenmieten geben nach – Innenstädte in der Krise

Dass besonders die Innenstädte im Ruhrgebiet seit Jahren zu kämpfen haben, weiß auch Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), auch wenn er für seine Stadt reklamiert, dass sich die City in der Pandemie gut gehalten habe. Er teilt die in vielen Diskussionen um eine Wiederbelebung der Innenstädte genannte Forderung, leerstehende Handelsflächen in Wohnraum umzunutzen. Eiskirch will eine Innenstadt, die nicht am Samstagabend aufhört zu leben, sondern „24/7“ Raum zum Arbeiten, Wohnen und Ausgehen bietet. Bochum investiere dafür in den kommenden Jahren eine halbe Milliarde Euro in seine Innenstadt.

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Allerdings werde es in den Erdgeschossen der City mit ihren großen Schaufenstern auch künftig Handel geben und eher keine Wohnungen, betont Eiskirch. Aber: „In die oberen Etagen, die häufig gar nicht mehr genutzt werden, weil die Ladenmiete aus dem Erdgeschoss reicht, muss wieder Leben einziehen“, findet Bochums OB. Er sei dazu in Gesprächen mit Immobilienbesitzern. Dass niemand gerne aus teuer vermieteten Handelsräumen günstige Wohnräume macht, weiß er, prognostiziert aber: „Wer dieses Thema proaktiv angeht, wird zu den Gewinnern gehören. Und wer wartet, bis es nicht mehr anders geht, zu den Verlierern“.

Logistik-Boom im Revier ungebrochen

Ungebrochen ist der Logistik-Boom im Ruhrgebiet, allein im ersten Halbjahr 2021 wurden 359.000 qm zugebaut – das sind bereits neun Prozent mehr als im gesamten Vorjahr. Größte Projekte waren ein Edeka-Lager in Oberhausen, das Bilstein-Logistikzentrum in Gelsenkirchen und der Amazon-Neubau in Witten. In manchen Städten stagniere die Logistikfläche aber, weil die Flächen knapp sind und andere Nutzungsarten, etwa für Büro- oder Wohnimmobilien, bevorzugt werden, heißt es im Bericht der BMR.

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Die Spitzenmieten für Logistikimmobilien im Revier sind im ersten Halbjahr leicht um zehn Cent auf 5,30 Euro/m2 gestiegen, sie werden nach wie vor in Duisburg und mit leichten Abschlägen auch in Dortmund und Essen erzielt. Die Durchschnittsmiete für die gesamte Region ist ebenfalls leicht gestiegen – um ein Prozent auf 3,60 Euro.

12 Revier-Städte auf der Expo Real in München

Die Business Metropole veröffentlichte ihren Bericht wie immer im Vorfeld der Expo Real, Europas größter Immobilienmesse, die kommende Woche in München stattfindet und auf der diesmal zwölf Ruhrgebietskommunen für sich werben – mit bereits präsentablen Vorzeigeprojekten einerseits und ungenutzten Potenzialen andererseits. Vergleichsweise niedrige Mieten und Personalkosten, dafür eine breite Hochschullandschaft mit den Fachkräften von morgen – „Wenn, dann hier“, nennt BMR-Chefin Julia Frohne das Ruhrgebiets-Motto für die Expo Real in diesem Jahr.