Essen. Neben dem Stadt-Land-Gefälle entscheide laut RWI Essen auch das Einkommen über verfügbares schnelles Internet. Das Ruhrgebiet steht gut da.

„Reichere Viertel sind besser mit Breitband versorgt als ärmere.“ Eine am Freitag veröffentlichte Auswertung des Forschungsdatenzentrums (FDZ) Ruhr im RWI Leibniz Institut Essen nennt nicht nur das Stadt-Land-Gefälle als möglichen Grund für die Verfügbarkeit von schnellem Internet, sondern auch, wie viel Nettoeinkommen ein deutscher Haushalt pro Kopf zur Verfügung hat.

Daten zum Internetausbau aus dem Breitbandatlas der Bundesnetzagentur bildeten ebenso eine Grundlage für die Auswertung wie die Bevölkerungsdichte in den Vierteln, die Arbeitslosenquote oder die Anzahl der Mehrfamilienhäuser. Das Ergebnis von FDZ-Chefin und Autorin Sandra Schaffner: Wenn Nachbarschaften durch diese Charakteristika vergleichbar seien, dann sei „die Wahrscheinlichkeit für einen überwiegenden Breitbandzugang von 50 Mbit/s um zehn Prozent höher, wenn die Nachbarschaft 650 Euro mehr durchschnittliches Einkommen hat als die andere“, resümiert Schaffner.

Vodafone-Sprecher weist Ausbau nach Vermögen der Kunden zurück

Die vorhandenen Daten ließen keine gesicherten Erkenntnisse für mögliche Gründe zu, betont die Wirtschaftsforscherin und nennt stattdessen zwei Interpretationen: Personen mit höherem Einkommen bevorzugten Wohnorte mit besserer Breitbandverfügbarkeit. Oder Breitbandanschlüsse würden dort errichtet, wo auf Vertragsabschlüsse mit solventen Internetnutzern gehofft werden könne.

Volker Petendorf, Konzernsprecher von Vodafone.
Volker Petendorf, Konzernsprecher von Vodafone. © Vodafone

Punkt zwei weist Vodafone-Sprecher Volker Petendorf zurück. Der Kommunikations-Konzern, der seine nach eigenen Angaben 4,8 Millionen Gigabit-Anschlüsse (also mindestens 1000 Mbit/s) in NRW bis Jahresende auf 5,6 Millionen ausgebaut haben will, nutze stattdessen das alte Kabel-TV-Netz als Grundlage und Kriterium, dieses sei geeignet für den Breitband-Ausbau. Und: „Wir machen Gigabit für alle erschwinglich“, sagt Petendorf und führt deutliche Preissenkungen in den vergangenen beiden Jahren an.

Die Telekom teilt mit, dass in eine Ausbauentscheidung geografische wie auch topographische und wirtschaftliche Kriterien einfließen würden. Eine Sprecherin erklärt: „Es ist unser Interesse, eine breite Versorgung der Gesellschaft zu erreichen, um unsere Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten. Unser Ziel ist es, dass alle dabei sein können.“

Neun von zehn Haushalten in NRW könnten auf 50 Mbit/s zugreifen

Schnelles Internet für alle macht das RWI dagegen auch davon abhängig, ob die Programme der Bundesregierung zur Förderung von Gebieten, in denen kein marktgetriebener Ausbau stattfinde, Früchte trage. Das werde sich erst in ein paar Jahren zeigen.

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Das Ruhrgebiet und NRW erreichen dagegen schon jetzt hohe Prozentwerte, was die Verfügbarkeit von Breitband durch Telefonleitung, Glasfaser oder Mobilfunk anbelangt. Neun von zehn Haushalten könnten auf eine 50 Mbit/s-Leitung zurückgreifen, teilte Sandra Schaffner am Freitag mit, bei 1000 Mbit/s seien es im Ruhrgebiet 46,6 Prozent der Haushalte. In NRW – ohne das Ruhrgebiet – liege die Quote bei 42,9 Prozent.

Das RWI Leibnitz-Institut Essen hat die räumlichen Verteilung von Gebieten mit mehrheitlich 1, 6, 50 oder 1000 Mbit/s-Anschlüssen in Deutschland dargestellt.
Das RWI Leibnitz-Institut Essen hat die räumlichen Verteilung von Gebieten mit mehrheitlich 1, 6, 50 oder 1000 Mbit/s-Anschlüssen in Deutschland dargestellt. © BMVI, atene KOM GmbH | RWI-Darstellung