Düsseldorf. RWI-Experten vermuten, NRW könnte den Ausweg aus der Krise schneller finden als der Bund. Das Revier bleibt aber eine Sorgen-Region.

Wirtschaftsexperten sehen für NRW gute Chancen, zügig wieder aus der Krise zu kommen. „Ich bin vorsichtig optimistisch für 2021 in NRW. Wichtig ist, dass die Infektionszahlen schnell runtergehen. Dann wird sich die Wirtschaft im Sommerhalbjahr wieder erholen können“, sagte Prof. Torsten Schmidt, Konjunktur-Experte beim RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, dieser Redaktion.

In seiner jüngsten Konjunkturprognose geht das RWI davon aus, dass die deutsche Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 um etwa 5,4 Prozent sinkt. Im September – vor dem dramatischen Anstieg der Corona-Neuinfektionen und dem zweiten harten Lockdown – lag die Prognose bei 4,7 Prozent Minus. Der zweite Lockdown treffe die Wirtschaft aber wohl nicht so hart wie der im Frühjahr.

Prognose: Rückgang der Wirtschaftsleistung in NRW um fünf Prozent in diesem Jahr

NRW, so Schmidt, dürfte etwas besser abschneiden als der Bund, weil der Konjunktur-Einbruch hier nicht so tief gewesen sei: „Etwa fünf Prozent Minus bei der Wirtschaftsleistung ist realistisch.“ Länder mit einer starken Autoindustrie seien stärker betroffen. Die Industrie in NRW scheine sich recht schnell zu erholen. Hauptgrund: Die gute Auslandsnachfrage.

Auch der Arbeitsmarkt ist laut RWI in NRW „überraschend robust“. Sollte sich aber der Lockdown noch länger hinziehen, dürfte es viele Insolvenzen und damit auch mehr Arbeitslose geben.

Etwas größere Sorgen machen sich die Wirtschaftsforscher um das Ruhrgebiet. Zwar seien die kurzfristigen Folgen für das Revier wie Kurzarbeit und steigende Arbeitslosigkeit „etwas weniger dramatisch als für andere Ballungsräume“, so RWI-Experte Uwe Neumann. Ein Grund zur Freude sei das aber nicht.

Großindustrie im Revier mitten im Umbruch

Denn das Ruhrgebiet kämpfe mitten in der Krise weiter mit seinen strukturellen Problemen. „Die Großkonzerne befinden sich im Zusammenhang mit der Digitalisierung und dem Klimawandel im Umbau und sind in unterschiedlichem Maße zusätzlich von der Coronakrise betroffen. Startups sind im Ruhrgebiet oft noch ,jünger' und kleiner als in anderen Regionen. Dies könnte für viele von ihnen die Krisenbewältigung erschweren“, warnte Neumann. Die Region brauche wohl länger als NRW, um wieder „an Fahrt zu gewinnen“.

Schulden der Städte bergen neue Risiken

Noch eine Sorge treibt die Forscher um: Einige hoch verschuldete Kommunen gehen womöglich bei den Investitionsprogrammen des Bundes leer aus. „Diese Städte, darunter viele im Ruhrgebiet, können sich die dafür nötige Eigenbeteiligung nicht leisten. Das wäre ein Rückschlag“, erklärt Schmidt. Er empfiehlt eine Übernahme des Eigenanteils durch das Land NRW.​