Bonn. Telekom-Chef Höttges kritisiert, dass nur neun Prozent der Schulen Angebot für schnelles Internet angenommen haben. Warum er mehr Mut fordert.

Telekom-Chef Tim Höttges hat allen Grund zur Freude: Im vergangenen Jahr hat er den Bonner Telekommunikationskonzern erstmals über die Umsatzschwelle von 100 Milliarden Euro gehievt – trotz Corona-Pandemie. Mit 4,5 Milliarden Euro sprudeln die Gewinne, die Kunden kehren zurück. Und dennoch gibt sich Höttges nachdenklich.

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„Nach der Corona-Krise dürfen wir in Deutschland nicht zum Schlaf der Zufriedenen zurückkehren. Das wäre ein fataler Fehler“, sagt der Telekom-Chef und fordert schon jetzt eine Debatte darüber, was bei der Pandemie-Bekämpfung gut und was schlecht funktioniert hat. Höttges bietet an, dass seine Betriebsärzte beim Impfen mithelfen können. Er hat aber vor allem auch die schleppend voranschreitende Digitalisierung im Blick, deren Schwächen mit Beginn der Pandemie Anfang vergangenen Jahres zu Tage getreten sind.

Telekom: Sechs Milliarden Euro für Glasfasernetze

„Wir müssen eine Aufbruchstimmung kreieren. Der Schlüssel dazu ist die Digitalisierung“, meint Höttges. Die Telekom wolle ihren Teil dazu beitragen. Bis 2024 wolle der Konzern sechs Milliarden Euro in die deutschen Glasfasernetze investieren. „Vor allem Schulen brauchen schnelles Internet“, sagt Höttges.

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Die Telekom habe sich die Situation in 40.000 Schulen angeschaut und 17.000 angeboten, sie sofort aufzurüsten. „Aber nur 1500 haben angenommen, das sind weniger als neun Prozent“, bedauert der Manager. Dabei sei das Angebot zunächst gratis und koste ab August 25 Euro pro Monat. Höttges schüttelt mit dem Kopf und sagt: „Wir müssen schneller und mutiger werden.“

Weiter Streit um Kabelanschlüsse

Als Bremse für den technischen Fortschritt sieht der Telekom-Chef auch das sogenannte Nebenkosten-Privileg für mehr als zwölf Millionen Mietparteien, die langfristig an einen Kabelfernsehanbieter gebunden sind. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will die Umlagefähigkeit abschaffen. Der Bundesrat und die NRW-Landesregierung hatten sich zuletzt dagegen ausgesprochen. Durch Rahmenverträge über Wohnungsunternehmen sparen Mieter in der Regel rund die Hälfte der Kabelgebühren.

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„Das Nebenkosten-Privileg stammt aus einer Zeit, als Helmut Kohl Privatfernsehen in Deutschland etablieren wollte“, sagte Telekom-Chef Höttges am Freitag. Dadurch seien bis zu einem Viertel der Haushalte an einen Kabelversorger gebunden, denen die Telekom keinen leistungsfähigen Glasfaser-Anschluss anbieten könne. „Für 25 Prozent der Haushalte gilt kein Wettbewerb. Das ist nicht kundenfreundlich“, so Höttges. „Wir wollen fair behandelt werden.“ Der Telekom-Chef kündigte an, dass er Haushalten mit geringen Einkommen Sozialtarife anbieten werde.

Höttges lehnt Kompromissvorschlag von Vodafone ab

Einen Kompromiss-Vorschlag, den in dieser Woche der Konkurrent und größte Kabelnetz-Betreiber Vodafone auf den Tisch legte, lehnt Höttges ab. Vodafone schlägt Übergangsfristen von fünf bis sieben Jahren vor. Erst danach sollen Mieter Einzelverträge mit Anbietern abschließen müssen. In diese Richtung gehen auch Forderungen von Mieterschützern. Der Telekom-Chef kann sich indes Übergangsfristen von maximal eineinhalb Jahren vorstellen. In Bonn sagte Höttges am Freitag: „Wir brauchen Wettbewerb.“