Mainz/Göttingen. Das neue Telekommunikationsgesetz sieht vor, dass Telefonnutzer in Warteschleifen ab September für die ersten zwei Gesprächsminuten nichts mehr zahlen müssen. Aber das Gesetz ist in Teilen lückenhaft: Die Gebührenuhr rattert weiterhin bei Sprachcomputern oder Ortsvorwahlen.

"Bitte bleiben Sie am Apparat, Sie werden gleich mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden": Wer in der Warteschleife einer Service-Hotline landet, darf ab 1. September wenigstens für die ersten zwei Minuten nicht mehr zur Kasse gebeten werden. So sieht es die Reform des Telekommunikationsgesetzes vor. Die Neuregelung lasse aber noch genug Schlupflöcher für weiteres Abkassieren, warnt Thorsten Neuhetzki vom Online-Portal teltarif.de.

Schalten Firmen etwa einen Sprachcomputer vor, kommt die nervige Hängepartie am Telefon weiterhin teuer zu stehen. Je nach Vorwahl sind schnell mal zehn bis 30 Euro weg. Erst ab Juni 2013 müssen Warteschleifen ganz umsonst sein.

Im Schnitt hängen Anrufer rund zweieinhalb Minuten in einer Warteschleife und zahlen für die nervige Hängepartie ohne Gegenleistung etwa 2,50 Euro. Das ergab eine Erhebung der Bundestagsfraktion der Grünen im Jahr 2011. Billigflieger wie Ryanair oder Easyjet berechnen demnach gar bis zu fünf Euro, bis der Ansprechpartner abnimmt. Die Stiftung Warentest stellte in einer Stichprobe im vergangenen Jahr fest: Bei einigen Firmen mit viel Kundenkontakt wie der Telekom, bei 1&1 oder Vodafone macht das Warten mehr als die Hälfte der Gesprächskosten aus.

Auf der Hut vor hohen Gebühren

Bis sich die Bürger auf die komplette Kostenfreiheit verlassen könnten, sollten sie nach wie vor auf der Hut vor hohen Gebühren sein, empfiehlt auch Barbara Steinhöfel, Telekommunikationsexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Grundsätzlich könnten sich Anrufer darüber freuen, dass es in der Übergangsphase ab September erst einmal billiger wird, weil die ersten zwei Minuten zu kostenintensiven Sondernummern wie 0900 oder 0180 gratis sind. Und zwar unabhängig davon, ob der Bürger aus dem Festnetz anruft oder vom Handy.

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Im Idealfall wird die Verbindung nach 120 Sekunden Anläuten gekappt, falls die Kundendienstmitarbeiter das Gespräch in dieser Gratis-Zeit nicht annehmen können. "Ab September müssen die Leute dann öfter die Wiederwahltaste drücken", sagt teltarif-Experte Neuhetzki.

Es gibt jede Menge Ausnahmen

Doch es gibt jede Menge Ausnahmen von der Regel. Eine ganze Reihe großer Firmen mit angeschlossenen Call-Centern und viel Kundenkontakt profitiert seit Jahren schon von teuren Warteschleifen. So ist es ihnen in der Übergangsphase nach wie vor erlaubt, Gebühren in Rechnung zu stellen, sobald sie Hotline-Anrufer einen vorgeschalteten Sprachcomputer vor die Nase setzen, der ihnen Antworten abverlangt. Nach dem Motto "Wollen Sie unseren xy-Service, dann drücken Sie bitte die eins". "In solchen Fällen zahlt der Anrufer auch nach dem 1. September weiter", mahnt Neuhetzki zur Vorsicht. Die beiden Gratis-Minuten würden auf diese Weise elegant ausgehebelt.

Der Gebührenzähler für die Warteschleife rattert auch in folgenden Ausnahmefällen weiter: Wenn der Anrufer ortsgebundene Rufnummern angewählt hat, etwa 030 für Berlin, oder gleichgestellte Nummern wie zum Beispiel 115 für die Behördenauskunft. Und wenn die Hotline über eine Mobilfunknummer wie 0177 zu erreichen ist. Des weiteren bei Rufnummern, für die ein Festpreis gilt, wie bei 0180-2, die sechs Cent pro Anruf kostet. Oder bei der 0180-4 mit 20 Cent pro Anwahl.

Firmen stellen auf Festnetznummern um

"Mehrere Firmen haben schon umgestellt auf Festnetznummern zum Ortstarif und dürfen jetzt weiterhin tarifieren", betont Teltarif-Fachmann Neuhetzki. Sprich: Die Gebührenuhr läuft, während Anrufer in der Warteschleife geparkt sind. Nur Telefonkunden mit Flatrate dürfte das nicht stören. Dagegen gilt: Wer eine entgeltfreie 0800er-Nummer gewählt hat, telefoniert immer kostenlos, auch in der Warteschleife.

Erst mit Einführung der zweiten Stufe ab 1. Juni 2013 sei tatsächlich Entwarnung angesagt, erläutert Neuhetzki. Ab dann darf die komplette Warteschleife nichts mehr kosten, also die Zeit ab Rufaufbau bis zur persönlichen oder automatisierten Beratung sowie Weiterleitungen während des Gesprächs. In Zukunft dürfen Verbraucher nur dann zur Kasse gebeten werden, wenn ihr Anliegen auch bearbeitet wird. (dapd)