Berlin. . Ein internationales Abkommen soll Steuerhinterziehung verhindern. Von einigen kam die Unterschrift in letzter Minute: 51 Länder haben sich verpflichtet, Finanzdaten auszutauschen, um Steuerflucht Grenzen zu setzen. Doch reichen Deutschen bieten sich Schlupflöcher, ihr Geld zu verstecken, kritisiert das Netzwerk Steuergerechtigkeit.
Mehr als 50 Staaten haben in Berlin ein Abkommen gegen Steuerhinterziehung unterschrieben. Sie wollen jährlich Daten über Auslandskonten ihrer Staatsbürger austauschen. Doch Millionären bietet sich nach wie vor die Möglichkeit, Kapital vor den heimischen Finanzämtern zu verstecken, bemängelt Markus Meinzer vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, einer gemeinwohlorientierten Expertenorganisation.
Auch reiche Deutsche, Franzosen und Briten könnten „Schlupflöcher im Abkommen nutzen“, sagt Meinzer. „Unter den Datenaustausch fallen nur sogenannte passive Briefkastenfirmen, Stiftungen und Trusts, die keine aktive Geschäftstätigkeit nachweisen. Es ist aber nicht schwer, irgendwelche Beratungstätigkeiten zu fingieren und dadurch weiterhin Vermögen vor dem heimischen Finanzamt zu verbergen.“ Außerdem müssen die Staaten nur über solche Firmen berichten, bei denen ein Eigentümer mehr als 25 Prozent der Anteile besitzt. Teile also eine Familie ihr hinterzogenes Kapital auf vier Personen auf, „fliegt sie unter dem Radar des Abkommens durch“.
Steuerbehörden nicht effektiv genug
Auch Kapitalbesitzer aus Entwicklungs- und Schwellenländern werden „weiterhin auf der sicheren Seite sein“, kritisiert Meinzer. „Denn diese Staaten dürfen teilweise nicht am Datenaustausch teilnehmen. Ihre Steuerbehörden sind nicht effektiv genug, um ausländischen Finanzämtern ausreichende Informationen zur Verfügung zu stellen. Deshalb bekommen sie selbst keine – wegen des Prinzips der Gegenseitigkeit.“ Bürger Tansanias könnten also in der Schweiz weiterhin ihr Geld bunkern.
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Die EU und mehr als 20 weitere Länder haben Mittwoch vereinbart, dass sie ab dem Jahr 2016 automatisch Kontodaten austauschen, die die Banken ihnen geben müssen. Für Auslandskonten eigener Staatsangehöriger sind das unter anderem Namen, Adresse, Steueridentifikationsnummer, Kontostände und Einnahmen. Auf dieser Basis können die einheimischen Finanzämter Steuern einziehen, die ihnen bislang durch die Lappen gingen.
Keine Informationen über Auslandskonten
Ein schlichtes „Nein“ war noch vor wenigen Jahren oft die Antwort, wenn ein deutsches Finanzamt bei den Kollegen in Liechtenstein oder der Schweiz nachfragte. Über Auslandskonten von Bundesbürgern und dortige Zahlungseingänge waren keine Informationen zu bekommen.
Ein Beispiel für die Praxis in der Zukunft: Hat ein französischer Staatsbürger ein Konto bei der Deutschen Bank in Frankfurt, schickt diese jährlich Namen, Adresse, Steueridentifikationsnummer, Kontostände und Geldflüsse an das Bundeszentralamt für Steuern. Dieses leitet die Angaben an die zuständige französische Stelle weiter, damit die Einkünfte dort versteuert werden. Umgekehrt erhalten deutsche Finanzämter automatisch die Informationen über deutsche Auslandskonten.
Schweizer Bankgeheimnis durchlöchert
Nachdem die Nationalstaaten jahrzehntelang ihre Steuergeheimnisse hüteten, haben der Anschlag auf das World Trade Center 2001 und die Finanzkrise seit 2007 vieles verändert. Allen voran die US-Regierung fordert Informationen über Konten, die möglicherweise der Terror-Finanzierung dienen.
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Zwar hat die Regierung der USA Druck gemacht, indem sie das Schweizer Bankgeheimnis durchlöcherte und mit vielen Ländern ein eigenes Abkommen zum Datenaustausch abschloss. Doch Washington behält sich das Recht vor, den Kontodaten-Austausch einseitig zu praktizieren: Man beansprucht viele Informationen aus anderen Staaten, gibt selbst aber nur wenige preis. Ein möglicher Hintergrund: Der US-Bundesstaat Delaware ist selbst eine der lukrativen Steueroasen.