Köln. Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz verlor durch die Insolvenz von Arcandor fast ihr gesamtes Vermögen. Sie fordert Schadenersatz. Ihr Ehemann Leo Herl erhebt Vorwürfe gegen ehemalige Verantwortliche der Bank Sal. Oppenheim und ihren früheren Vermögensberater Esch.
Im Schadenersatzprozess von Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz hat ihr Ehemann Leo Herl Vorwürfe gegen ihren Ex-Vermögensberater Josef Esch und ehemalige Verantwortliche der Bank Sal. Oppenheim erhoben. Vor dem Kölner Landgericht sagte Herl am Dienstag als Zeuge, Schickedanz habe schon 2004 deutlich gemacht, dass sie ihren Aktienanteil am Handelsriesen KarstadtQuelle nicht weiter aufstocken wolle. Daraufhin sei ihr später eine "Strohfrau-Konstruktion" angeboten worden. Aus KarstadtQuelle wurde 2007 Arcandor, der Konzern ging 2009 Pleite - und Schickedanz verlor nach ihren Angaben fast ihr gesamtes Vermögen.
Herl (71) war mehrere Jahre Aufsichtsratsmitglied im Arcandor-Konzern. Seine Frau, Ex-Milliardärin, fordert in einem der größten Schadenersatzprozesse der deutschen Justizgeschichte insgesamt 1,9 Milliarden Euro von 14 Beklagten - darunter von Esch, ihrer damaligen Hausbank und deren Ex-Führung.
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Richter fand Argumentation der Klägerin anfangs nicht überzeugend
Zu Prozessbeginn Ende 2012 hatte ihr Anwalt vorgetragen, die Beklagten hätten Schickedanz' Milliardenvermögen gegen ihren Willen riskant angelegt und verschleudert. Die Beklagten weisen die Vorwürfe zurück und fordern, die Schickedanz-Klage solle abgewiesen werden. Der Vorsitzende Richter Stefan Singbartl hatte zu Prozessbeginn im Dezember 2012 durchblicken lassen, die Argumentation der Klägerin erscheine ihm nicht sehr überzeugend.
Herl stellte am Dienstag Esch als treibende Kraft dar, aber auch den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, der am kommenden Montag in Köln als Zeuge aussagen soll. Er glaube, der Vorschlag sei gemeinsam von Esch und Middelhoff gekommen, Schickedanz solle als Strohfrau zusätzliche Aktien erwerben, aber tatsächlich nur ihren Namen dafür geben, sagte Herl. Sal. Oppenheim als ihre damalige Hausbank werde den Kauf finanzieren und Schickedanz kein Risiko tragen, so gab Herl den angeblichen Deal wieder.
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Einige Beklagte wollten Mehrheit an KarstadtQuelle erlangen
Esch habe ihnen diesen Vorschlag unterbreitet und sie seien davon ausgegangen, dass das mit der Bank abgestimmt sei, schilderte Herl als erster Zeuge in der am Dienstag begonnenen Beweisaufnahme. Die Strohfrau-Abmachung, dass die Großaktionärin also "nicht auf eigene Rechnung" und "nicht auf eigene Gefahr" agiere, finde sich auch in dem sogenannten "Rotterdam Papier" wieder, also schriftlich, erklärte Herl. Esch habe ihnen beiden, Herl und Schickedanz, dieses Dokument am 3. April 2005 am Flughafen Rotterdam zur Unterschrift vorgelegt.
Nach Herls Aussage war es 2004/2005 Ziel von einigen der Beklagten, durch zusätzliche Aktienkäufe die Mehrheit bei KarstadtQuelle zu erlangen, dann den restlichen Aktionären ein Übernahmeangebot zu machen und eine neue Gesellschaft zu gründen. Schickedanz sollte Herl zufolge mit 30 Prozent an einem Mehrerlös beteiligt werden. Ursprünglich habe sich seine Frau ganz aus KarstadtQuelle zurückziehen und alle Aktien verkaufen wollen - und auf einen Erlös von 500 Millionen Euro gehofft.
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Sal. Oppenheim ist jetzt Deutsche-Bank-Tochter
Im März 2014 hatte Herl in Köln bereits als Zeuge in einem Strafprozess ausgesagt: Das frühere Bank-Führungsquartett und Esch müssen sich dort teils wegen Untreue, teils wegen Beihilfe dazu verantworten. Alle fünf weisen die Vorwürfe zurück. Damals hatte Herl ebenfalls betont, seine Frau habe ihre Arcandor-Aktien lange vor der Insolvenz verkaufen wollen. Schickedanz selbst hatte als Zeugin in dem Strafverfahren gesagt, sie sei von früheren Bank-Verantwortlichen und Esch getäuscht und fehlgeleitet worden. Am Dienstag erschien Madeleine Schickedanz nicht vor Gericht.
Schickedanz hatte auch mittels Darlehen von Sal. Oppenheim immer wieder Geld in KarstadtQuelle/Arcandor gesteckt. Die einst größte europäische Privatbank Sal. Oppenheim stand 2009 ebenfalls vor dem Ruin und ist jetzt - stark verkleinert - eine Deutsche-Bank-Tochter. (dpa)