Washington. Sorgen um die Konjunktur haben inzwischen die Börsengewinne eines ganzen Jahres aufgefressen. Die Eurozone steht am Rand einer Rezession. Die Welt sorgt sich über eine mögliche Schwäche der globalen Konjunktur. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte hingegen vor übertriebenem Pessimismus.
Regierungen und Notenbanken aus aller Welt wollen sich mit aller Macht gegen eine erneute globale Wirtschaftskrise stemmen. Reformen und Investitionen sollen verhindern, dass die Weltwirtschaft sechs Jahre nach der verheerenden Finanzkrise abermals abstürzt. Das kündigten die 188 Mitgliedsländer des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Wochenende in Washington an.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte angesichts der Konjunkturdelle allerdings vor übertriebenem Pessimismus und falschen Erwartungen an Deutschland. "Es gibt keinen Grund, die Weltwirtschaft in irgendeine Krise zu reden", sagte er.
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Hohe Arbeitslosigkeit ist inakzeptabel
"Einige Länder sehen sich einem niedrigem oder nachlassenden Wachstum ausgesetzt, mit einer inakzeptabel hohen Arbeitslosigkeit", hieß es in dem Abschlusspapier des IWF-Lenkungsausschusses (IMFC) zum Ende der Jahrestagung des Währungsfonds und der Weltbank in der US-Hauptstadt.
Es sollten "kühne und ambitionierte" Maßnahmen ergriffen werden, um die Nachfrage zu steigern und Engpässe zu beheben. "Unsere höchste Priorität muss sein, das heutige tatsächliche Wachstum und das morgige Wachstumspotenzial zu unterstützen."
Der IWF hatte seine Prognose des globalen Wachstums für dieses Jahr zum dritten Mal in Folge gesenkt und rechnet nun mit 3,3 Prozent. Für 2015 reduziere der Krisenhelfer seine Aussichten auf 3,8 Prozent. Auch Deutschland büßte dabei deutlich ein.
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Ebola-Virus sorgt für Unruhe
Zu den Gefahren für die Weltkonjunktur zählen dem IMFC zufolge die anziehende Geldpolitik und die zähe Niedriginflation in manchen großen Volkswirtschaften. Probleme seien auch riskante Spekulationen an Finanzmärkten und erhöhte geopolitische Spannungen. Beunruhigt zeigte sich das Gremium über die Ebola-Epidemie in Westafrika. "Wir sind zutiefst besorgt über die menschlichen und sozioökonomischen Auswirkungen."
Sorgenvolle Blicke richteten sich bei dem Treffen mal wieder vor allem auf Europa, das laut IWF Gefahr läuft, in eine erneute Rezession zu rutschen. Auch Japan und China wachsen für manche Beobachter zu langsam. Schäuble forderte Augenmaß: Das Wachstum sei nach wie vor einigermaßen befriedigend. "Wir haben keinen Grund, irgendwelche dramatischen Spekulationen zu schüren."
Auch die deutsche Wirtschaft warnt vor überzogenem Pessimismus: "Wir sollten die Krise jetzt nicht noch herbeireden. Die Risiken sind groß genug", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutsche Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Nach Einschätzung des DIHK bestehe derzeit kein Grund, "zu sehr auf Moll zu machen".
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Draghi zeigt sich optimistisch
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hob hervor, dass die Prognosen nur moderat nach unten korrigiert worden seien. Die Erholung sei bei der Tagung nicht grundlegend in Frage gestellt worden. Die deutsche Wirtschaft sei zwar schwächer, erlebe aber keinen Einbruch. Auch früher seien Wachstumsraten überschätzt worden. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, zeigte sich optimistisch über die weitere Entwicklung in der Eurozone.
IWF-Chefin Christine Lagarde relativierte die Aussagen ihrer Ökonomen ebenfalls: "Das Wachstum ist zurück und wir haben eine Erholung", sagte sie, auch wenn die Daten leicht schlechter aussähen. Ihr Ziel für die Tagung sei gewesen, den Regierungen und Notenbanken "ein bisschen Feuer" zu machen. Sie habe ihnen zurufen wollen: "Seid mutig und benutzt all Eure Werkzeuge".
Drohende künftige Wachstumsprobleme müssten durch zügige Reformen in den Arbeitsmärkten und Sozialsystemen verhindert werden, forderte der IMFC-Vorsitzende, Singapurs Finanzminister Tharman Shanmugaratnam. Damit werde in den Haushalten das Geld für die Konjunkturförderung frei. "Unser Hauptanliegen ist, nach vorn zu blicken, damit wir das sehr echte Risiko einer längeren Phase mit unzureichendem Wachstum abwenden."
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Private Investitionen sind nötig
Zusätzliche öffentliche und private Investitionen in die Infrastruktur seien wichtig, um die Erholung zu unterstützen, erklärte der IMFC. Das gelte vor allem für Länder, in denen ein klarer Bedarf an Modernisierung bestehe, ökonomische Schwächen aufträten und die Finanzlage den Spielraum lasse.
Zur Forderung internationaler Partner nach mehr öffentlichen Investitionen betonte Schäuble, die Bundesregierung und auch die Europäer wüssten um ihre Verantwortung für die Weltwirtschaft. Investitionsprogramm auf Pump hatte er aber in Washington mehrfach abgelehnt. Der britische Schatzmeister George Osborne äußerte sich ähnlich skeptisch. "Es gibt gewisse Leute, die glauben, mehr öffentliche Ausgaben sind die Antwort". Er ziehe das in Zweifel.
Nach Darstellung Schäubles ziehen die Wirtschaftsmächte und der IWF an einem Strang. "Es stimmen alle überein: Wir brauchen mehr dauerhaftes Wachstum." Es bestehe Einigkeit darin, dass Strukturreformen, ein gesundes Finanzsystem sowie nachhaltige öffentliche Haushalte nötig seien. Vertrauen sei das Wichtigste. Die Geldpolitik könne die Erholung unterstützen, aber nicht Reformen ersetzen. (dpa)