Cairns. Mehr Wachstum durch Infrastrukturmaßnahmen, mehr Einsatz privater Investoren: Die G20 drehen auf, um mehr Wachstum zu schaffen. Schäuble ist zufrieden und warnt: Hände weg vom Euro-Rettungsfonds.
Infrastrukturprojekte sollen die schwächelnde Weltwirtschaft nach dem Willen der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) wieder richtig in Gang bringen. Die Finanzminister und Notenbankchefs verabschiedeten am Sonntag im australischen Cairns eine Infrastruktur-Initiative, die vor allem private Investoren locken soll. "Investitionen sind ein lebenswichtiger Bestandteil, um die Nachfrage anzukurbeln und das Wachstum zu fördern", hieß es in der Abschlusserklärung.
Die Beschlüsse seien ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung der Weltwirtschaft, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Wichtig sei auch die Fortsetzung struktureller Reformen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft erst im Juli von 3,7 auf 3,4 Prozent gesenkt.
Warnung vor geopolitischen Risiken
Die Minister warnten vor geopolitischen und Finanzmarktrisiken, äußerten Sorge über die Ebola-Krise in Afrika und bekräftigten den rigorosen Kampf gegen Konzerne, die Steuerschlupflöcher ausnutzen. Sie mahnten Industrieländer, auf Deflationsrisiken zu achten. "Uns ist bewusst, dass sich in Zeiten niedriger Zinsen exzessive Risiken in den Finanzmärkten anhäufen können", hieß es in der Erklärung.
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Das ehrgeizige Ziel, bis 2018 zwei Prozent mehr Wachstum oder zwei Billionen Dollar mehr Wirtschaftsleistung zu generieren als 2013 prognostiziert, sei zu schaffen, meinte Australiens Finanzminister Joe Hockey. 90 Prozent des Ziels könnten mit den schon beschlossen Maßnahmen erreicht werden. Weitere Ideen lägen bis zum G20-Gipfel im November in Brisbane vor.
Die Infrastrukturprojekte sollen wie von Schäuble gefordert vor allem privat finanziert werden. "Wir haben uns geeinigt, weg von staatlich finanzierten Wachstumsmaßnahmen zu mehr Privat-Investitionen zu kommen", meinte Hockey. Die Initiative sieht etwa mit Hilfe der Weltbank eine Datenbank vor, die es Privatinvestoren leicht macht, geplante Projekte zu finden.
Kein Anzapfen des ESM-Fonds
Schäuble erteilte dem Vorstoß der EU, den Euro-Rettungsfonds ESM für Konjunkturmaßnahmen anzuzapfen, eine klare Absage: "In erster Linie ist der Fonds dafür da, dass er nicht gebraucht wird und Vertrauen schafft", sagte er in Cairns vor der Weiterreise nach Vietnam. "Mit der Finanzierung von Investitionen hat das nichts zu tun." Bis zum G20-Gipfel sollen weitere Reformen zur Stärkung der Finanzmärkte auf dem Tisch liegen, hieß es in der Erklärung. An dem Gipfel nehmen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama teil.
Die G20 repräsentieren etwa 85 Prozent der Weltwirtschaft. Russland solle trotz Kritik an seiner Rolle in der Ukraine-Krise dabei sein, meinte Australiens Außenministerin Julie Bishop im Rundfunk, nachdem öffentlich über eine Ausladung von Präsident Wladimir Putin nachgedacht worden war. "Die Ansicht ist, dass Präsident Putin kommen und sich der internationalen Verurteilung des russischen Verhaltens im Zusammenhang mit der Ukraine stellen sollte", sagte sie.
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Kampf gegen Steuersünder
Die Beschlüsse trafen auf breite Zustimmung. "Ich beglückwünsche die G20 für deutlichen Fortschritt bei den Strategien für mittelfristiges Wachstum", meinte IWF-Chefin Christine Lagarde.
Zum Kampf gegen Konzerne, die Schlupflöcher zur Vermeidung von Steuerzahlungen ausnutzen, sagte Hockey: "Wir haben weitreichende Initiativen gebilligt, um Steuersünder durch automatischen Informationsaustausch aufzuspüren. Wir bitten andere, es uns gleich zu tun, damit sich niemand mehr irgendwo verstecken kann." Bis 2018 soll der Datenaustausch untereinander so funktionieren, dass keine große Firma durch Gewinnverlagerungen mehr Steuern umgehen kann.
Auch bei der Finanzmarktregulierung seien die G20 vorangekommen, sagte Schäuble. Sowohl bei der Frage der Kapitalanforderungen zur Bankenrestrukturierung als auch beim Umgang mit "Schattenbanken" sowie Derivaten sei man "auf einem gutem Weg". Die nächsten Schritte könnten daher in Brisbane wie geplant beschlossen werden. (dpa)