Essen. . Die Lage bei Karstadt wird immer bedrohlicher. Eigentümer Nicolas Berggruen hat offenbar den österreichischen Milliardär René Benko „um Hilfe gerufen“, wie Benko in einem Interview erklärte. Benkos Signa-Gruppe wolle Karstadt übernehmen, berichtet das Wirtschaftsmagazin „Format“.

Der deutsch-amerikanische Milliardär Nicolas Berggruen hat offenbar vollends die Lust an Karstadt verloren. Schon in den nächsten Tagen, berichten Medien, könnte der österreichische Milliardär René Benko den kriselnden Essener Warenhaus-Konzern, der tiefrote Zahlen schreibt, ganz übernehmen.

In einem Interview mit dem österreichischen Magazin „Format“ bestätigte Benko, „dass wir zu Hilfe gerufen wurden, um Berggruen als Gesellschafter abzulösen“. Der 37-Jährige betont aber auch: „Es ist noch keine endgültige Entscheidung gefallen.“ Das Blatt will aber erfahren haben, dass das Geschäft in den nächsten Tagen über die Bühne gehen werde. Es sei „ziemlich sicher“, dass Benkos Signa-Gruppe Karstadt übernehmen werde. Am Donnerstag kommender Woche tagt der Aufsichtsrat des Warenhauskonzerns. Dann könnte der Eigentümerwechsel auf der Tagesordnung stehen.

Benko stieg 2012 bei Karstadt ein

Deutsche Medien berichten, dass Benko 70 Prozent der Karstadt-Anteile für einen symbolischen Euro kaufen könnte. Seine Signa-Gruppe ist bereits seit Dezember 2012 in dem Essener Konzern engagiert. Die Finanzgruppe kaufte damals das Berliner KaDeWe und weitere 16 Karstadt-Immobilien zum Preis von rund 1,1 Milliarden Euro. Karstadt blieb Mieter.

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2013 baute Benko seine Beteiligung aus. Er übernahm 75 Prozent an den 28 Karstadt-Sportfilialen und an den Premium-Warenhäusern Oberpollinger in München, KaDeWe in Berlin und Alsterhaus in Hamburg. Dafür zahlte er 300 Millionen Euro. Nun soll der Österreicher auch nach den 83 normalen Warenhäusern greifen.

Über 20 Filialen auf dem Prüfstand

Damit, berichtet das österreichische Magazin „Format“, steige die Signa-Gruppe erstmals auch in großem Stil in das schwierige Handelsgeschäft ein. „Wir haben eine Reihe guter Manager mit Know-how im Handel geholt“, sagte Benko dem Blatt. „Wir sind dabei, uns den Ruf aufzubauen, dass wir auch dieses Geschäft können.“ Bei Karstadt hatte die Geschäftsführerin Eva-Lotta Sjöstedt im Juli das Handtuch geworfen. Sie war nur wenige Monate im Amt. Ihren Rückzug hatte sie mit der fehlenden Unterstützung durch Eigentümer Berggruen begründet.

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Karstadt-Aufsichtsratschef Stephan Fanderl und Finanzchef Miguel Müllenbach stimmten die 17 000 Mitarbeiter daraufhin auf harte Einschnitte ein. Über 20 Filialen, die nach ihren Angaben nicht wirtschaftlich arbeiten, stehen auf dem Prüfstand und könnten möglicherweise geschlossen werden. Im Geschäftsjahr 2011/12 machte Karstadt 158 Millionen Euro Verlust. Die Trendwende wurde seither nicht geschafft.

Betriebsrat will abwarten

Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt geht nicht davon aus, dass Filialschließungen Thema bei der Aufsichtsratssitzung am Donnerstag nächster Woche sein werden. „Uns geht es um einen Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag“, sagte er dieser Zeitung. Verhandlungen über Konzernsanierung und Stellenabbau könne es erst geben, wenn feststehe, „an welchen Säulen saniert werden soll“.

Die mögliche Übernahme des Konzerns durch René Benko wollte Patzelt gestern zunächst nicht kommentieren: „Wir werden die Verhandlungen abwarten und dann bewerten“, sagte der Betriebsratsvorsitzende.

Benko in Österreich vorbestraft

Mit gerade einmal 37 Jahren hat sich der österreichische Immobilienunternehmer René Benko zum Milliardär hochgearbeitet. Doch am vergangenen Montag bekam seine Bilderbuchkarriere endgültig einen dunklen Schatten: Der Oberste Gerichtshof in Wien bestätigte in zweiter Instanz eines Korruptionsverfahrens gegen Benko ein Urteil über eine einjährige Bewährungsstrafe.

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Benko gilt damit als vorbestraft. Allerdings nicht in Deutschland und Italien, wie ein Sprecher seiner Signa-Gruppe feinsinnig kommentierte. Die Wiener Richter hatten es als erwiesen angesehen, dass Benko über seinen Steuerberater ein Steuerverfahren gegen Signa in Italien beeinflussen wollte. Das Gericht sah darin eine „versuchte verbotene Intervention“. Benko will im norditalienischen Bozen ein Kaufhaus bauen. Derzeit plant die Signa-Gruppe, eine Luxus-Meile in München umzubauen.

Der 37-Jährige zählt zu den reichsten Österreichern. Ihm wird eine Vorliebe für schnelle Autos nachgesagt. Gern nutzt er auch seinen Privatjet. Seine Signa-Gruppe soll Immobilien im Wert von 6,5 Milliarden Euro besitzen. Darunter befinden sich auch die Karstadt-Immobilien.