Frankfurt/Main. . Das Tagesgeschäft läuft wieder besser, doch Zeit zum Durchatmen hat die Deutsche-Bank-Führung nicht. Rechtsstreitigkeiten bleiben einer der größten Unsicherheitsfaktoren. Ob die inzwischen dickeren Kapitalpuffer für alle Risiken reichen werden, ist fraglich.

Es mutet an wie Sisyphus-Arbeit: Kaum hat die Deutsche Bank ein Problem aus der Welt geschafft, taucht schon das nächste auf. Die Liste der Rechtsstreitigkeiten ist noch immer bedrohlich lang, sechs Seiten umfasst sie im aktuellen Zwischenbericht.

Vor allem die US-Behörden setzen das größte deutsche Geldhaus unter Druck. Das Tagesgeschäft lief zuletzt zwar wieder besser. Aber das niedrige Zinsniveau und die weltweiten Krisenherde fordern den deutschen Branchenprimus erheblich.

In 6000 Rechtsstreitigkeiten verwickelt

"In der ersten Jahreshälfte 2014 war unser Risikoprofil weiterhin von operationellen Risikoverlusten aus bestehenden Rechtsstreitigkeiten sowie von Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten bestimmt, obwohl diese in Summe im Vergleich zum Jahresende 2013 zurückgingen", schreibt die Bank im Bericht zum zweiten Quartal. In Zahlen: Die Rückstellungen für Rechtsrisiken wurden um 470 Millionen Euro auf 2,2 Milliarden Euro erhöht, weitere 3,2 Milliarden Euro Belastungen könnten nach aktuellem Stand schlimmstenfalls auf die Bank zukommen.

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Bei der Hauptversammlung im Mai mussten die Aktionäre erfahren, dass ihr Institut in rund 6000 Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist. Etwa 1000 davon haben nach damaligen Angaben einen Streitwert von jeweils mehr als 100.000 Euro. Aktionärsschützer Klaus Nieding ätzte, der Konzern sei inzwischen "eine gigantische Rechtsabteilung mit angeschlossenem Bankgeschäft".

Rechnung der Führungsspitze ging nicht auf

Eigentlich wollte das Management endlich mal durchatmen: Der Dauerstreit um die Pleite des Kirch-Medienimperiums als eine der lästigsten Altlasten? Mit einer 925-Millionen-Euro-Zahlung an die Erben im Februar abgehakt. Die Sorgen wegen der dünnen Kapitaldecke? Mit einer 8,5-Milliarden-Euro-Kapitalerhöhung im Mai/Juni abgehakt.

Doch allein diese Beispiele belegen: Die Rechnung der Führungsspitze um das Chef-Duo Anshu Jain/Jürgen Fitschen ging nicht auf. Im Fall Kirch wird unter anderen Fitschen verdächtigt, vor Gericht falsche Angaben gemacht zu haben, um Schadenersatzzahlungen zu verhindern. Die Ermittlungen dauern an. In Sachen Kapital hat sich der Konzern zwar Luft verschafft, die gewaltigen Rechtsrisiken und die Tatsache, dass Regulatoren weltweit die Daumenschrauben anziehen, sorgen jedoch dafür, dass sich die Bank nicht auf ihren Puffern ausruhen kann.

US-Notenbank bemängelt schlampige Buchführung

Insbesondere von jenseits des Atlantiks droht Ungemach. Die US-Notenbank Fed soll dem Vernehmen nach unzufrieden sein mit der Art der regulatorischen Berichte des Instituts. Das "Wall Street Journal" berichtete eine Woche vor Vorlage der Deutsche-Bank-Quartalsbilanz, die Notenbank als Aufseher bemängele schlampige Buchführung, unzureichende Kontrollen und mangelhafte technische Systeme.

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Das weckte neues Misstrauen, der Aktienkurs ging nach dem Zeitungsbericht auf Talfahrt. Die jüngsten Erfahrungen anderer europäischer Banken in den USA zeigen, dass sich dort ein ernsthaftes Problem zusammenbrauen könnte. Mittels gezielter Informationen an die Medien trieben die US-Behörden zuletzt die Verhandlungsmasse im Steuerstreit mit der Schweizer Großbank Credit Suisse und bei den Sanktionsverstößen der französischen BNP Paribas nach oben. Beide Institute mussten schließlich Milliardenstrafen akzeptieren.

Will USA Auslandsbanken schwächen?

Mancher Beobachter sieht in dem Vorgehen ein Manöver der USA, um Auslandsbanken zu schwächen. Die Deutsche Bank als einer der größten Akteure an der Wall Street würde das besonders treffen. Ohnehin muss die Bank ihr US-Geschäft mit mehr Eigenkapital stützen. Konzernweite Verrechnung mit dem Mutterhaus in Frankfurt wird erschwert. Die USA wollen so sicherstellen, dass im Krisenfall genügend Geld für die US-Tochter zur Verfügung steht.

Analysten der französischen Société Générale sehen die Deutsche Bank daher beim Kapital noch längst nicht auf der sicheren Seite. Ihrer Ansicht nach braucht das Institut weitere fünf Milliarden Euro. Der Druck auf die Deutsche Bank bleibt groß. (dpa)