München/Tokio. Die Kontrahenten kämpfen bis zur letzten Minute um den französischen Industriekonzern Alstom. Auf ein Gegenangebot von Siemens legte erst der US-Konzern General Electric eine verbesserte Offerte vor - nun kontern die Partner Siemens und Mitsubishi erneut.

Im Übernahmepoker um den französischen Industriekonzern Alstom geht es Schlag auf Schlag: Siemens und der japanische Partner Mitsubishi Heavy Industries (MHI) besserten am Freitag ihre Offerte auf, nachdem am Vortag bereits der US-Rivale General Electric (GE) nachgelegt hatte. "Im Ergebnis erhöht sich der Bar-Anteil der Offerte um 1,2 Milliarden Euro auf 8,2 Milliarden Euro", teilten MHI und Siemens in Tokio und München mit. Die Gesamtbewertung des Energiegeschäfts von Alstom steige um 400 Millionen Euro auf insgesamt 14,6 Milliarden Euro.

GE bewertet Alstoms Energiegeschäft weiterhin mit 12,35 Milliarden Euro. Ein Vergleich ist jedoch wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Angebote schwer. Die Offerte von GE steht bis zum Montag. Die Bieter müssen aber nicht nur den Verwaltungsrat von Alstom für sich gewinnen, sondern auch die Regierung in Paris, die sich kurz vor der heißen Phase des Bieterwettbewerbs noch ein Vetorecht bei Übernahmen gesichert hatte.

Noch am Nachmittag wollten die Parteien deshalb beim französischen Präsidenten François Hollande vorsprechen und für ihre Gebote werben. Hollande habe zu einem Treffen eingeladen, um über die neue Situation zu sprechen, sagte Siemens-Chef Joe Kaeser in einer Telefon-Konferenz. MHI-Chef Shunichi Miyanaga sei zwar schon zurück in Japan, doch werde er die Interessen des Konsortiums vertreten, erklärte der Siemens-Chef. Auch GE-Chef Jeff Immelt wurde am Freitag im französischen Präsidentenpalast erwartet.

Siemens und Mitsubishi werden mit 2000 neuen Jobs

"Mitsubishi Heavy Industries (MHI) und Siemens haben Alstom heute in einem Schreiben ihr Angebot für die vorgeschlagene Transaktion präzisiert", heißt es in der Mitteilung vom Freitag. "Darin bestätigen MHI und Siemens ihre Überzeugung, Alstom als unabhängigen weltweiten Anbieter im Energie- und Transportgeschäft zu stärken." Nach "intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten" sei das Angebot überarbeitet worden.

Auch interessant

Am Vortag hatte GE eine weitreichende Kooperation zum Nutzen des Unternehmens und Frankreichs versprochen. Den Vorschlägen zufolge sollen Gemeinschaftsfirmen für Stromnetze, erneuerbare Energien und Nukleartechnik mit den dazugehörigen Dampfturbinen entstehen. Die beiden Seiten sollen daran jeweils zur Hälfte beteiligt werden. "Wir haben Vereinbarungen mit Alstoms Management getroffen, die eine Allianz zwischen unseren beiden Unternehmen sowohl im Geiste als auch in der Praxis schaffen werden", erklärte GE-Chef Jeff Immelt. Der Plan werde sicherstellen, "dass der Name Alstom fortbesteht". Der US-Konzern hatte auch die Schaffung von 1000 Arbeitsplätzen sowie den Verbleib einer starken Geschäftsführung im Land zugesagt. Zudem räumte er der Regierung nun im Nukleargeschäft ein Vetorecht ein.

Siemens hatte noch am gleichen Abend reagiert. General Electrics neues Angebot "folgt unserem Ansatz, aber ändert nicht das Spiel", erklärte Frankreich-Chef Christophe de Maistre. "Unser Konzept ist immer noch überlegen." Siemens und Mitsubishi hatten mit bis zu 2000 neuen Jobs geworben. Das deutsch-japanische Gespann sieht seine Offerte auch finanziell als die bessere an.

Betriebsrat von Alstom fordert Kapitalerhöhung

Die Münchner haben es auf das Geschäft mit Gasturbinen abgesehen und wollen dieses ganz schlucken. Die Barofferte dafür sei um 400 Millionen Euro auf 4,3 Milliarden Euro erhöht worden, hieß es am Freitag. Zudem stellt der deutsche Konzern eine Kooperation im Eisenbahngeschäft in Aussicht und will den Signaltechnikbereich in Gemeinschaftsunternehmen einbringen. Die unternehmerische Führung könnte in diesem Fall bei Siemens liegen, zumal der Elektrokonzern Weltmarktführer in der Signaltechnik sei, sagte Kaeser.

Auch interessant

Frankreichs Premierminister Manuel Valls begrüßte die jüngsten Entwicklungen im Bieterwettbewerb. "Ich stelle fest, dass sich die Angebote der beiden Gruppen ständig verbessern", sagte er am Freitag dem Radiosender France Inter. "Alstom wäre heute bereits seit Monaten ohne Auflagen in den Händen von General Electric, wenn wir nicht interveniert hätten."

Der europäische Betriebsrat von Alstom forderte die Entscheidungsträger unterdessen auf, für eine eigenständige Zukunft des Unternehmens zu sorgen. Deswegen müsse es unter anderem eine Kapitalerhöhung geben, um die Verschuldung zu reduzieren und die finanzielle Situation zu verbessern. (dpa)