Paris/New York. Gibt es eine Vorentscheidung im Übernahmepoker um den französischen Industriekonzern Alstom? Der Verwaltungsrat hat bestätigt, zunächst das Angebot von General Electric binnen eines Monats zu prüfen. Demnach ist Siemens aber noch nicht ganz aus dem Rennen.
Siemens muss bei Alstom wohl noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Nach Informationen von französischen und amerikanischen Medien liegt General Electric im Übernahmepoker vorne. Bis zu einer Vertragsunterzeichnung kann allerdings viel passieren. So pocht der französische Staat auf ein Mitspracherecht.
Am Mittwochmorgen hat der Verwaltungsrat des französischen Energie- und Transportkonzerns mitgeteilt, das Angebot des US-Konzern General Electrics (GE) für die Übernahme seiner Energiesparte für 12,35 Milliarden Euro bis Ende Mai zu prüfen. Der Konzern behält sich aber die Möglichkeit vor, weitere Angebote, insbesondere des deutschen Konkurrenten Siemens, zu prüfen.
Siemens will Zugang zu Unternehmensdaten
Auch nach Informationen des "Wall Street Journal" ist der Verwaltungsrat von Alstom der Offerte von General Electric zugeneigt. Das Gremium habe zugestimmt, nicht aktiv nach Alternativangeboten Ausschau zu halten. Demnach dürfen die Franzosen allerdings ungefragt eingehende Angebote prüfen.
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Siemens hatte erst am Dienstag ein eigenes Übernahmeangebot angekündigt, dies aber an die Bedingung geknüpft, vier Wochen lang Zugang zu Daten des französischen Unternehmens zu bekommen. Zudem müssten Managementinterviews geführt werden können, hieß es.
Tausch gegen Bahnsparte?
Der "Figaro" berichtete, Siemens sei bereit, seine komplette Transportsparte inklusive des ICE- und Metro-Baus an Alstom abzugeben, wenn es im Gegenzug die Energietechniksparte kaufen könnte. Die Münchner bewerteten letztere mit 10,5 bis 11 Milliarden Euro. An dem neuen, auf Bahntechnik spezialisierten Unternehmen Alstom, würde Siemens laut "Figaro" einen Anteil von 19 Prozent beanspruchen. Lediglich die Signaltechnik würde es unter dem eigenen Dach behalten wollen.
General Electric würde damit nach Informationen von "Wall Street Journal" und "Figaro" weniger für die Energietechniksparte der Franzosen zahlen. Die Alstom-Führung halte eine Übernahme durch Siemens allerdings für "zu kompliziert" - vor allem, weil es zu viele Überschneidungen in der Produktpalette gebe.
Heimliche Exklusiv-Verhandlungen
Alstom hatte in den vergangenen Monaten heimlich nur mit General Electric über eine Übernahme verhandelt. Die französische Regierung hatte mit Empörung darauf reagiert. Sie fürchtet eine Verlagerung von Arbeitsplätzen und Entscheidungszentren, sollte GE den Zugriff auf Alstom bekommen. Paris hat stattdessen angedeutet, einen Geschäftsfeldertausch zwischen Siemens und Alstom zu bevorzugen. Die französische Regierung erhofft sich, dass zwei europäische Weltmarktführer entstehen könnten - einer im Bereich Bahntechnik, der andere im Bereich Energie.
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In Deutschland herrscht die Sorge vor einem Arbeitsplatzverlust bei der Siemens-Bahnsparte. Die IG Metall stellte für den Fall eines Tauschgeschäfts klar, dass sie Sicherheiten für die rund 11.500 Beschäftigten der Sparte einfordern werde. Generell stehe die Gewerkschaft einer Einigung zwischen Siemens und Alstom nicht ablehnend gegenüber, betonte Bayerns IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler am Dienstag allerdings.
Proteste gegen Zerschlagung
Alstom-Mitarbeiter protestierten am Dienstag vor einer Niederlassung in Saint-Ouen bei Paris gegen die Zerschlagungspläne, auch in Mannheim gab es eine Demonstration. Bei einem Treffen mit Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg forderten Gewerkschafter eine erneute Teilverstaatlichung des Unternehmens.
Die französische Regierung werde alle notwendigen Mittel ergreifen, um die Interessen des Staates zu schützen, kündigte der Minister an. Vor der Nationalversammlung in Paris rechtfertigte er am Dienstag die Einmischung der Regierung in die Verhandlungen. Kein Staat auf der Welt würde es akzeptieren, wenn ein von öffentlichen Aufträgen lebendes Aushängeschild der nationalen Industrie innerhalb kürzester Zeit verkauft würde, erklärte der Minister. Das Energietechnik-Geschäft von Alstom sei für Frankreich strategisch von größter Bedeutung. (dpa)