Berlin. Die Deutsche Bahn muss sich womöglich auf härteren Wettbewerb im Fernverkehr einstellen. Mehrere Konkurrenzunternehmen, darunter aus Frankreich, haben entsprechende Anträge eingereicht. Der Platzhirsch reagiert empört: Die Bahn redet von "Krieg" und verlangt Schützenhilfe von der Politik.

Bahnfahrer könnten auf wichtigen Fernstrecken in Deutschland schon bald aus mehreren Zug-Anbietern wählen. Zwei Bahnen, darunter die französische Staatsbahn SNCF, stellten Anträge auf den Betrieb von Fernstrecken, wie mehrere Zeitungen am Freitag übereinstimmend berichteten. Bisher hat die Deutsche Bahn nur im Nahverkehr nennenswerte Konkurrenz.

Die SNCF-Tochter Keolis habe Anträge für eine bestimmte Zahl großer Strecken gestellt, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person der Nachrichtenagentur AFP in Paris. Keolis fährt bisher auf einigen Regionalstrecken in Nordrhein-Westfalen. Der Tageszeitung „Die Welt“ zufolge will die SNCF die Strecken Frankfurt-Hamburg und Frankfurt-Berlin bedienen. Wie die „Financial Times Deutschland“ berichtete, will die SNCF von 2011 an mit 20 gebrauchten Zügen die Preise der Intercity-Flotte der Deutschen Bahn unterbieten.

Konkurrenzzüge günstiger aber langsamer

Schon ab dem kommenden Sommer dürfte die Deutsche Bahn einen Konkurrenten auf der Strecke zwischen Köln und Hamburg bekommen. Auch das neu gegründete Unternehmen Locomore mit Sitz in Berlin hat nämlich einen entsprechenden Antrag gestellt, wie Geschäftsführer Derek Ladewig der „Welt“ sagte. Diese Strecke solle mehrmals täglich bedient werden. Hinter der Firma steht ein unbekannter ausländischer Investor. Interessierte Bahn-Konkurrenten hatten bis Mitte Oktober ihre Anträge auf den Betrieb von Bahnstrecken in Deutschland abgeben müssen.

Bisher gibt es im Fernverkehr lediglich einen nennenswerten Konkurrenten der Deutschen Bahn. Dabei handelt es sich um Interconnex, eine Tochter des französischen Veolia-Konzerns. Interconnex fährt von Leipzig über Berlin nach Rostock, allerdings mit Zügen, die zwar günstiger, aber auch deutlich langsamer als die Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn sind.

"Das wird eine blutige Schlacht"

Die Bahn reagierte scharf auf den SNCF-Vorstoß: „Im Krieg gibt es keine Gewinner“, sagte der Bahn-Vorstand für den Personenverkehr, Ulrich Homburg, der „Financial Times Deutschland": „Das wird eine blutige Schlacht, die in den Bilanzen tiefe Spuren hinterlässt“. Der FTD zufolge will die Deutsche Bahn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu auffordern, bei Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wegen des SNCF-Vorgehens zu intervenieren.

Der SNCF-Vorstoß auf den deutschen Markt bietet viel politischen Sprengstoff. Die Deutsche Bahn ist auch deshalb über das französische Vorgehen erbost, weil Frankreich selbst seinen Bahn-Sektor scharf gegen Auslands-Konkurrenz abschottet. Bisher kooperieren Deutsche Bahn und die französische SNCF und machen sich keine Marktanteile streitig. So fährt der ICE der Deutschen Bahn zwischen Paris und Frankfurt. Der französische Hochgeschwindigkeitszug TGV fährt zwischen Paris und Stuttgart und Paris und München. (afp)