Essen. Die schwarz-gelbe Koalition plant die Freigabe des Fernbus-Linienverkehrs. Damit würde das Monopol der Deutschen Bahn AG im landgebundenen Fernverkehr gekippt. Für Reisende wären planmäßig fahrende Fernbusse eine Alternative, weil sie vor allem deutlich billiger sein dürften als Bahn-Tickets.

Sonntagmorgen. Am Rande der fast menschenleeren City herrscht Hochbetrieb. Ausgerechnet auf einem Platz neben der Bahnstrecke Essen– Duisburg zeigt die Konkurrenz, was sie kann: Busse kommen an, fahren ab. Hunderte von Fahrgästen aus vielen Ruhrgebietsstädten starten hier zu Touren vor allem ins osteuropäische Ausland. Diese internationalen Fernbuslinien sind Renner. Die Nachfrage steigt. Essen - Polen, kein Problem. Doch Essen - Frankfurt oder Essen - Dresden?

Innerdeutsche Fernbuslinien fehlen

Innerdeutsche Fernbuslinien fehlen. Fast. Um 10.55 Uhr startet sonntags ein Bus von Essen nach Berlin. Über Bochum und Dortmund. Allerdings das ist ein Exot, die offenbar einzige Fernbuslinie im Revier. Sie stammt noch aus der Zeit des kalten Krieges, als die Inselstadt Berlin nur per DDR-Bahn und – als Alternative – von extra genehmigten bundesdeutschen Fernbuslinien aus Hamburg, Düsseldorf oder München angesteuert werden konnte.

Doch die Ausnahme-Strecken nach Berlin, die bis heute ihre Konzession behalten haben, soll nach dem Willen von FDP und CSU bald nicht mehr so allein sein. Wenn die Koalitionäre ihren Plan zur Zulassung privater Fernbusse verwirklichen, würde das den nationalen Reiseverkehr in völlig neue Bahnen lenken, nämlich auf die Straße und in den Bus.

Für viele Menschen würde das eine neue Art von Mobilität schaffen: Wer nicht so sehr auf die Uhr schauen muss, hätte mit den Fernbussen eine preiswerte Alternative zur Bahn. Beispiel Essen - Berlin: Auf der Schiene kostet das zwischen 69 und 95 Euro, im Bus sind es zwischen 33 und 41 Euro. Dafür braucht der Bus aber auch über acht Stunden. Die Bahn kommt mit knapp vier Stunden aus.

Eine soziale Komponente

Martin Kaßler, Sprecher des Busunternehmerverbandes BDO: „Fernbuslinien haben eine deutliche soziale Komponente. Der halbe Bahnpreis für die gleiche Entfernung kommt gerade in der heutigen Zeit vielen Leuten mit wenig Geld entgegen.”

Bei den Busfirmen, die nach einer entsprechenden Gesetzesänderung mit dem Start von Fernbuslinien liebäugeln, gibt es aber auch Pläne, um Geschäftsleute von der Schiene zu locken. BDO-Sprecher Kaßler: „Notebook-Anschluss an jedem Sitz, Service und Betreuung – das sind Merkmale von First-Class-Linienbussen.”

Paradestrecken sieht Kaßler bei Linien, die binnen fünf bis sechs Stunden zu bewältigen sind. Als glänzendes Vorbild gilt der Fernbus Berlin–Hamburg, der es – trotz einer guten Bahnverbindung zwischen beiden Städten – jährlich auf etwa 400 000 Fahrgäste bringt.

Michael Svedek von der Deutschen Touring, einem der größeren deutschen Busunternehmen, erwartet eine deutliche Zunahme an neuen Fernbuslinien in Deutschland, die sich wahrscheinlich zuerst auf Verbindungen zwischen den großen Städten und Ballungsräumen in Deutschland konzentrieren würden. „Wir erhoffen uns auch eine sinnvolle und längst überfällige Ergänzung unseres umfangreichen europäischen Fernbusliniennetzes in Deutschland.”