Berlin. . Besseres Krisenmanagement soll erneutes Chaos wie bei Ehec 2011 vermeiden. Deshalb übten in dieser Woche 2000 Beamte aus Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden, Mediziner, Lebensmittelhersteller und -händler den Ernstfall.

Die Schlagzeilen der Titelblätter an der Stellwand des Medienzentrums verheißen wenig Gutes. „Tödlicher Killerkeim wütet“, verkündet eine in den großen Lettern eines erfundenen Boulevardblattes, „Krankenhäuser vor dem Kollaps“, befürchtet eine Regionalzeitung. Bundesweit sind bereits 10.000 Bürger erkrankt, 50 gestorben. Es kommt Panik auf.

So sieht es das Drehbuch einer Krisenübung vor, die in dieser Woche rund 2000 Beamte aus Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden, Mediziner, Lebensmittelhersteller und -händler oder Produzenten von Schutzkleidung unter Stress setzte. Erinnerungen an den Ehec-Keim, der sich 2011 über verseuchte Sprossen verbreitete, werden bewusst geweckt.

Nur ist die Aufgabe in dieser Übung noch schwieriger. Denn es brechen zwei Krankheitswellen zugleich aus. Die erste rollt aus Berlin, die zweite aus Bielefeld über Deutschland. Länderübergreifende Krisenmanagement-Exercise, kurz LÜKEX, heißt das Training, das von gut 120 Fachleuten in Ahrweiler beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVR) absolviert wird.

Ersterprobung bei Erdbeeren aus China

In dieser Übung geht es auch um den Verdacht auf Bioterrorismus. „Es gab in anderen Ländern bereits solche Fälle“, erläutert der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Burger. In den USA starben zum Beispiel Menschen, nachdem sie mit in Briefen versandten Milzbrand-Erregern in Kontakt kamen. In Japan griff eine Sekte die Fahrgäste einer U-Bahn mit dem Nervengas Sarin an. Eine akute Bedrohung gebe es jedoch nicht, versichert Burger.

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Doch geht die simulierte Welle von Problemen mit den Atemwegen auf einen Anschlag zurück? Dies herauszufinden stellt das Krisenmanagement vor eine gewaltige Herausforderung. Die Polizei räumt ein, dass sie nicht in der Lage sei, bei Bioterror Spuren zu sichern. Es gibt auch kaum Labore, die den Nachweis bislang unbekannter Stoffe vornehmen können. Unter dem Druck der öffentlichen Besorgnis muss die Klärung zudem schnell gehen. In diesem Fall bewahrheiten sich die schlimmsten Befürchtungen. Es geht um Erpressung mit giftigem Eiweiß in der Wurst. Ob alle Beteiligten richtig gehandelt haben, zeigt sich erst nach der Auswertung der Übung im nächsten Frühjahr.

Das Krisenmanagement musste unfreiwillig bereits einmal erprobt werden, als Noroviren an Erdbeeren aus China viele Konsumenten, vor allem Kinder, erkranken ließ. Die Ursache konnte vergleichsweise schnell beseitigt werden. Im Gegensatz zur Verbreitung der Ehec-Keime klappte das Krisenmanagement. Das mag auch an den geänderten Strukturen liegen.

Vertrauen der Bevölkerung wurde auf die Probe gestellt

Bevor die Sprossen aus Ägypten als Ehec-Ursache ermittelt wurden, ging es zeitweise sehr durcheinander. Mal sollten die Verbraucher keinen Blattsalat essen, mal keine Tomaten, mal keine Gurken. Aus einzelnen Bundesländern kamen andere Botschaften als von der Bundesregierung. Das Vertrauen der Bevölkerung wurde auf eine schwere Probe gestellt.

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Das Krisenmanagement heute sieht anders aus. Bund und Länder haben vereinbart, dass eine zentrale Stelle die Kommunikation übernimmt, eine Task-Force aus Fachleuten regelt das, was gegen die Seuche unternommen werden muss. Ob das in der Übung geklappt hat, muss die Auswertung der Ergebnisse für rund 600 einzelne Aufgaben zeigen.