Berlin/Essen. Entspannung auf dem Arbeitsmarkt, steigende Löhne, eine moderate Teuerung und niedrige Zinsen: Institute und Banken rechnen mit einem kräftigen Anziehen der Konjunktur im kommenden Jahr. Die Wirtschaft nehme spürbar Fahrt auf. Doch das hat nicht nur Vorteile.

Das Wirtschaftswachstum in Deutschland zieht aus Expertensicht im nächsten Jahr kräftig an. Institute und Banken sagten am Mittwoch ein Plus des Bruttoinlandsprodukts zwischen 1,7 und 1,9 Prozent voraus.

Sie begründeten dies vor allem damit, dass die Deutschen noch konsumfreudiger würden. Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt, steigende Löhne, eine moderate Teuerung und niedrige Zinsen trügen dazu bei. Für das laufende Jahr liegen die Voraussagen dagegen nur zwischen 0,4 und 0,6 Prozent.

Die Exporte zögen aber allmählich wieder an, und die Investitionen belebten sich langsam, hieß es beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und beim Bundesverband Deutscher Banken. Beide sagten für 2014 ein Plus von 1,7 Prozent Wachstum voraus. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) bestätigte derweil seine Prognose von 1,9 Prozent.

Womöglich unter 2,9 Millionen Arbeitslose

Die deutsche Konjunktur verlasse die Tempo-30-Zone und nehme wieder normale Ortsgeschwindigkeit auf, erklärte Michael Kemmer, der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands. "Eine Autobahn, auf der die deutsche Wirtschaft in den Jahren 2010 und 2011 unterwegs war, ist zurzeit aber nicht in Sicht", schränkte Kemmer ein.

Das RWI erwartet, dass die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr unter 2,9 Millionen sinkt und dass die Quote auf 6,7 Prozent zurückgeht. Das DIW meint dagegen, dass sie bei 6,8 Prozent bleibt, weil zusätzliche Stellen vor allem an Zuwanderer gingen.

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Das Wachstum kann für viele Bürger allerdings auch Nachteile bringen. Bei einem erwarteten Anstieg der Inflationsrate von 1,6 Prozent in diesem Jahr auf 1,8 Prozent im kommenden Jahr rechnet das RWI vor allem mit einer deutlichen Steigerung der Mieten. Die Essener fordern auch ein Ende der "kalten Progression", bei der Einkommenszuwächse durch höhere Steuersätze aufgefressen werden.

"Von vermeintlicher Stabilität nicht blenden lassen"

Die Experten warnen zudem vor Risiken. "Wir sollten uns von der vermeintlichen Stabilität nicht blenden lasen", mahnt DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Er verwies auf weltwirtschaftliche Unsicherheit und die ungelöste Krise im Euroraum - auch wenn das Institut meint, dass es in Krisenländern wie Spanien und Italien aufwärtsgeht.

Das DIW verlangte, dass der Staat mehr Geld in Bildung und in die Infrastruktur steckt, um die Wachstumschancen zu verbessern. Die öffentlichen Haushalte erzielten 2013 und 2014 Überschüsse. Nach DIW-Berechnungen für das "Handelsblatt" (Mittwoch) steigen die Steuereinnahmen 2013 um vier und 2014 um fünf Milliarden Euro.

Die Bundesregierung ist bei ihrer Konjunkturprognose etwas zurückhaltender als die Institute. Sie erwartet für 2014 ein Plus von 1,6 Prozent nach 0,5 Prozent in diesem Jahr. (dpa)