Redmond/Espoo. . Lange wurde darüber spekuliert, jetzt wird es wahr: Microsoft kauft den Großteil des finnischen Mobilfunkriesen Nokia. So haben es die Chefs der Unternehmen am Dienstag in einem Brief erkärt. Mit dem Milliarden-Deal hofft der US-Software-Konzern auf dem Smartphone-Markt Boden zu gewinnen.

Der Software-Riese Microsoft übernimmt das Kerngeschäft des Handy-Konzerns Nokia. Der Preis liegt bei insgesamt 5,44 Milliarden Euro, wie die Unternehmen am Dienstagmorgen mitteilten. Damit könnte auch ein Ersatz für den scheidenden Microsoft-Chef Steve Ballmer gefunden sein. Nokia-Lenker Stephen Elop, ein früherer Microsoft-Manager, wurde bereits als Ballmer-Nachfolger gehandelt.

Microsoft zahle 3,79 Milliarden Euro für das Geschäft mit Geräten und Diensten und gebe weitere 1,65 Milliarden Euro für Patentlizenzen aus, hieß es. Außerdem werde Microsoft auf Nokias Kartendienste zurückgreifen. Der Deal soll Anfang 2014 abgeschlossen werden. Rund 32.000 Mitarbeiter sollen zu Microsoft wechseln.

Der geplante Verkauf des Handy-Geschäfts an Microsoft hat den in Frankfurt gelisteten Aktien von Nokia am Dienstag zu einem Kurssprung verholfen. Die Nokia-Papiere gewannen zur Eröffnung 18,6 Prozent. Microsoft notierten im Frankfurter Frühhandel 0,6 Prozent fester.

Zusammenschluss von zwei Giganten mit Nöten

Mit dem Deal wird sich der Nokia-Umsatz in etwa halbieren. Der finnische Konzern will sich künftig vor allem auf das Netzwerk-Geschäft und die Entwicklung seiner Kartendienste unter der Marke Here fokussieren. Der Konzern hatte jüngst den ursprünglich gemeinsam mit Siemens betriebenen Netzausrüster NSN komplett übernommen.

Über eine Nokia-Übernahme durch Microsoft war bereits seit einiger Zeit spekuliert worden. Die Unternehmen waren Anfang 2011 eine enge Partnerschaft eingegangen. Nokia ist der wichtigste Hersteller von Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone.

Damit schließen sich zwei Giganten zusammen, denen massive Veränderungen in ihrem angestammten Geschäft zu schaffen machen. Der finnische Konzern war lange Zeit die dominierende Kraft im Handy-Markt, verlor aber mit dem Vormarsch der Smartphones wie des iPhone von Apple und Geräten mit dem Google-System Android massiv an Boden. Dank der starken Position bei günstigen Handys ist Nokia zwar immer noch der zweitgrößte Hersteller von Mobiltelefonen nach Samsung. Der Marktanteil von Nokias Lumia-Modellen bei den lukrativen Smartphones liegt aber im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

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Microsoft will Marktanteile sichern

Auch Microsoft hat derzeit mit einem Wandel in seinem Kerngeschäft zu kämpfen. Das Betriebssystem Windows und die Bürosoftware Office sind immer noch die wichtigsten Geldbringer des Konzerns - inzwischen werden aber immer weniger PCs verkauft, weil die Nutzer lieber zu Smartphones und Tablets greifen. Microsoft versucht, mit Hilfe von Windows Phone und Nokia auf diesen Zug aufzuspringen, die Marktanteile steigen aber nur langsam.

Ballmer und Elop schrieben in einem gemeinsamen Brief - Überschrift: "Das nächste Kapitel" - mit dem Zusammengehen der beiden Unternehmen werde man das volle Potenzial des Windows-Ökosystems entfalten können. Es werde neue Telefone und Dienste geben, "die das Beste von Microsoft und das Beste von Nokia vereinen".

Ballmer hatte nach über 13 Jahren an der Microsoft-Spitze seinen Rückzug binnen zwölf Monaten angekündigt. Das Unternehmen hatte zunächst keinen Nachfolger benannt. Elop gilt unter Branchenbeobachtern als einer der möglichen Kandidaten.

7,4 Millionen Lumia-Smartphones verkauft

Nokia war einst nicht nur der unangefochtene Spitzenreiter im Markt der herkömmlichen Handys, sondern dominierte damals auch das junge Smartphone-Geschäft. Das Nokia-System Symbian erreichte in der Ära vor dem iPhone Marktanteile von über 50 Prozent. Doch der Vorstoß von Apple sowie der Erfolg des Google-Betriebssystems Android krempelten den Markt binnen weniger Jahre um. Im vergangenen Quartal sicherten die 7,4 Millionen verkauften Lumia-Smartphones Nokia nicht einmal einen Platz unter den fünf größten Herstellern.

Nach Stückzahlen ist inzwischen Samsung die unangefochtene Nummer eins unter den Smartphone-Herstellern. Die Südkoreaner verkauften im vergangenen Quartal nach Schätzungen der Marktforschungsfirma Gartner über 71 Millionen Computer-Handys. Damit kam nahezu jedes dritte weltweit verkaufte Smartphone von Samsung. Apple war mit knapp 32 Millionen iPhones die Nummer zwei, der Marktanteil rutschte jedoch in Erwartung neuer Modelle auf rund 14 Prozent ab.

Der Samsung-Erfolg baut auf dem Google-Betriebssystem Android auf, das den Smartphone-Markt zuletzt mit einem Rekord-Anteil von nahezu 80 Prozent dominierte. Auch die anderen großen Smartphone-Hersteller wie LG oder die chinesischen Firmen Lenovo, ZTE und Huawei setzen auf Android. Microsofts Plattform Windows Phone, mit dem Nokias Lumia-Modelle laufen, kommt nur auf 3,3 Prozent am Smartphone-Markt. (dpa)