Essen. . Neue Kassen, mehr Online-Geschäft, Umbau in den Filialen: Kurz vor Ende seiner Amtszeit will Karstadt-Konzernchef Andrew Jennings belegen, wie sich die Warenhauskette Karstadt verändert. Auch auf die Beschäftigten geht die Konzernführung zu.

Kerzengerade steht er da. Helles Licht strahlt ihn an. Es lässt seine Gesichtszüge besonders hart erscheinen. Links von ihm, auf Augenhöhe, ist in großen Buchstaben „Herbstoffensive“ zu lesen. Die Botschaft, die Karstadt-Chef Andrew Jennings im Mitarbeiter-Magazin vermitteln will, soll wohl sein: Seht her, ich bin nach wie vor entschlossen, auch wenn mein Vertrag in vier Monaten enden wird. Als Motto ruft Jennings „Go Big“ aus, was er mit den Worten übersetzt: „Entweder etwas richtig machen und hundertprozentig dabei sein oder überhaupt nicht.“

Es ist selten geworden, dass Karstadt an die Öffentlichkeit geht. Seit sich der Essener Traditionskonzern im Besitz des deutsch-amerikanischen Investors Nicolas Berggruen befindet, gibt sich die Geschäftsführung betont verschwiegen. Umso bemerkenswerter ist es, wie sich Jennings nun wenige Monate vor Ende seines Karstadt-Engagements präsentiert. Er will wohl deutlich machen, dass es nach der „im Laufe der letzten beiden Jahre geleisteten harten Arbeit“ (Jennings) Ergebnisse gibt.

Karstadt hat Multimedia-Abteilungen geschlossen

Immer wieder sind Baustellenschilder in der Mitarbeiter-Zeitschrift zu sehen. In den vergangenen Wochen hat Karstadt flächendeckend die Multimedia-Abteilungen in den Filialen geschlossen. Damit sei „jedes einzelne Warenhaus überarbeitet worden“, sagt der zuständige Karstadt-Manager Rüdiger Hartmann.

Besonders groß war die Baustelle in Düsseldorf. In der Landeshauptstadt wurde das Le-Buffet-Restaurant im dritten Stock des Kaufhauses fast fünf Monate lang komplett umgebaut. Neue Pläne hat Karstadt auch für die Kinder-Abteilungen. In vielen Filialen sollen die Bereiche für Spielwaren und Kinderkonfektionen verschmelzen. In Dortmund beispielsweise sei dies bereits geschehen.

4000 Neue Kassen bis Ende September

Auch die Kassensysteme sowie die Informationstechnik von Karstadt waren offenbar erneuerungsbedürftig. „Bis Ende September werden wir insgesamt rund 4000 neue Kassen in den Filialen installiert haben und 26 Filialen haben bereits neue Server bekommen“, berichtet Hartmann.

Innerhalb von fünf Wochen seien schon rund 1000 neue Kartenlesegeräte installiert worden. „Es werden alle aktuellen Karten akzeptiert und wir haben viel weniger Systemfehler“, sagt der Karstadt-Manager. Die Zahl der Kassenabstürze verringere sich damit um 90 Prozent. „Das spart eine Menge Zeit und Ärger.“

Außerdem sollen Kunden ab September in allen Karstadt-Filialen drei Stunden lang kostenlos das Drahtlos-Netzwerk Wi-Fi nutzen können. Von „Arbeiten an den Fundamenten des Geschäfts“ ist die Rede. „Durch den jahrelangen Investitionsstau bei Karstadt gibt es neben dem, was wir schon erreicht haben, noch viel Potenzial“, betont Hartmann.

„Weder glamourös noch sichtbar“

Auch der langjährige Deutschland-Chef der Internetfirma Yahoo, Terry von Bibra, der zu Karstadt gewechselt ist, meldet sich zu Wort. Er soll dafür sorgen, die Geschäfte im Internet stärker mit dem Handel in den Warenhäusern zu verzahnen. Dies sei nicht „irgendein Projekt von Karstadt.de, sondern unser aller Zukunft im Warenhaus“, sagt er. Zur Strategie zählt, dass Kunden im Internet bestellen und die Produkte in der Filiale abholen können („Click & Collect“).

Karstadt-Chef Jennings, so scheint es, startet in den letzten Monaten seiner Amtszeit eine Charmeoffensive. Auch auf die Gewerkschaft Verdi geht die Firmenleitung zu. Karstadt hatte einen Ausstieg aus der Tarifbindung verkündet und damit heftige Proteste in der Belegschaft ausgelöst – nun soll es neue Gespräche geben.

Da ein Nachfolger für Jennings noch nicht offiziell benannt ist, machten Spekulationen die Runde, es sei wohl angesichts der Probleme des Unternehmens nicht so leicht, einen neuen Chef für Karstadt zu finden. Kritik von außen begegnet Jennings mit der Aussage, Karstadt habe „unter 20 Jahren unzureichender Investitionen gelitten“. Ihm sei es zunächst einmal darum gegangen, „die Grundlagen in Ordnung“ zu bringen. „Diese Dinge sind weder glamourös noch sichtbar, jedoch von außerordentlicher Bedeutung für den langfristigen Erfolg unseres Geschäfts.“