Essen. Noch immer ist unklar, wer neuer Karstadt-Chef wird. Doch wer immer es wird: Der neue Konzernlenker kommt auf eine schwierige Großbaustelle. Die Warenhauskette steckt mitten in der Sanierung. Und außerdem hängt auch noch der Haussegen schief.
Wer der neue Karstadt-Chef wird, ist noch unklar. Fest steht allerdings schon, dass auf ihn eine schwierige Aufgabe wartet. Die traditionsreichen Warenhauskette muss mitten in ihrer Sanierung mit einem schwierigen Jahr kämpfen. Das Geschäft mit der Frühjahrs- und Sommermode lief in der Textilbranche wegen des schlechten Wetters nur schleppend an. Viele Händler zückten den Rotstift in diesem Jahr so früh wie schon lange nicht mehr. Karstadt wirbt zur Zeit mit einer "Wow Sale"-Aktion bei einer Reihe von Produkten.
Karstadt muss stärker in den Umbau investieren, die Sanierung beschleunigen - ist mittlerweile aus vielen Richtungen zu hören: vom Hemdenhersteller Olymp bis hin zu Aktionärsschützern.
Karstadt-Sanierung "ist keine Schnellreparatur"
Der scheidende Karstadt-Chef Andrew Jennings hatte immer wieder betont, dass die Sanierung des traditionsreichen Unternehmens keine Schnellreparatur sei. "Unsere Strategie heißt "Karstadt 2015", und nicht "Karstadt März 2013"", sagte er im März dem "Tagesspiegel". Karstadt werde mit seinen Partnern, zum Beispiel Lieferanten oder Vermietern, zusammen bis 2015 rund eine Milliarde Euro investieren. Wie viel davon seit seinem Amtsantritt 2011 bereits geflossen und umgesetzt ist, sagte Jennings in dem Interview allerdings nicht.
Jennings zog zugleich eine Zwischenbilanz: Bis dahin wurden 32 Häuser umgebaut. Mit dem größtenteils schon umgesetzten Abbau von 2000 Stellen seien die internen Strukturen überarbeitet worden. Ein Baustein, um Marktanteile zu gewinnen, seien 50 neue, seit dem Herbst vertretene Marken. Allerdings sehen an diesem Punkt sowohl einige Branchenbeobachter wie auch Arbeitnehmervertreter die große Herausforderung, neue Marken - die hierzulande noch völlig unbekannt sind - den Verbrauchern näher zu bringen, sie dafür zu begeistern.
Wie Karstadt gegen Zara, H & M oder Peek & Cloppenburg punkten könnte
"Um gegen spezialisierte Händler wie Zara, H&M, P&C punkten zu können, müsste Karstadt das Einkaufserlebnis verbessern sowie die richtige Produktauswahl für die Filialen treffen", erklärt Analyst Niklas Reinecke vom Handelsinformationsdienst Planet Retail. Bisher habe Karstadt durch veraltete IT noch eine mangelnde Sicht auf den Kunden. Da Karstadt seine Kunden zu schlecht kenne, seien auch Investitionen in die IT vonnöten. Karstadt benötige ein umfassenderes Sanierungskonzept und schlicht höhere Investitionen, meint Reinecke.
"Karstadt hat seinen Platz im Leben der Menschen verloren", sagt Markenexperte Frank Dopheide. Die Warenhauskette müsse den Kunden erklären, was sie von anderen Anbieter unterschiedet. "Es muss mehr als Mode sein. Da ist der härteste Wettbewerb mit Spezialisten wie Zara und Hugo Boss. Das ist keine Rettungsinsel für Karstadt."
Neue Modemarken anzubieten, die Verbraucher hierzulande fremd seien, sei kein zukunftsweisender Schritt. Karstadt müsse neben dem wichtigen Modebereich andere Warensegmente weiterentwickeln, um sich ergänzte Angebote zu ermöglichen, die andere Händler den Kunden nicht bieten könnten.
Gewerkschaft Verdi fordert neuen Führungsstil bei Karstadt
Die Gewerkschaft Verdi deutete bereits an, dass sie auch einen neuen Führungsstil für nötig hält. Die Erfahrungen der Beschäftigten müssten stärker berücksichtigt werden und in die Ausrichtung des Unternehmens einfließen. Die Gewerkschaft will auch mit Streiks erreichen, dass der Ausstieg aus der Tarifbindung rückgängig gemacht wird.
Berggruen verwies vergangene Woche im Interview mit der "Bild"- Zeitung darauf, dass die Gehälter wie versprochen wieder auf das Niveau von vor der Pleite angehoben worden seien. Weitere Erhöhungen seien wegen der Sanierung aber für die nächsten zwei Jahre unmöglich. (dpa)