Karlsruhe/Essen. Preissuchmaschinen im Internet müssen Versandkosten sofort anzeigen. Das hat der Bundesgerichtshof am Donnerstagabend entschieden. Diese Forderung gelte für den gesamten Online-Handel, gab der 1. Zivilsenat des BGH bekannt.

Preissuchmaschinen im Internet müssen Versandkosten sofort anzeigen. Das hat der Bundesgerichtshof am Donnerstagabend entschieden. Diese Forderung gelte für den gesamten Online-Handel, gab der 1. Zivilsenat des BGH bekannt. Die ausführliche Begründung will das Gericht am Freitag nachliefern.

Für eine eindeutige Zuordnung der Angabe der Versandkosten reicht es dem Urteil des Gerichts nach nicht aus, dass der Verbraucher über das Anklicken der Warenabbildung auf die Internetseite des Anbieters geführt wird, wo dann die Versandkosten genannt werden. (AZ: I ZR 140/07)

Hintergrund des Urteils war ein Abmahnstreit zwischen den Elektronikmarkt-Ketten Media Markt und dem Pro Markt wegen irreführender Preisangaben: Es ging um Elektronikprodukte, die auf der Preissuchmaschine „froogle“ angeboten wurden, ohne die Versandkosten auszuweisen.

Versteckte Kosten

Die Praxis ist unter Preissuchmaschinen verschieden: Während etwa die Plattform billiger.de Produktpreis und Versandkosten zusammen auflistet, führt froogle nur die Produktpreise auf. Die gesamten Kosten finden sich dort erst beim Klick auf den entsprechenden Internet-Shop.

Zudem fällt auf, dass Online-Händler den Post- oder Paketdienstversand, selbst bei identischen Produkten, sehr unterschiedlich berechnen. Dabei kann die Anlieferung etwa einer Waschmaschine durchaus zehn bis 15 Prozent des Produktpreises ausmachen. Da kann ein Preisranking ohne diese Angaben Kunden also in die Irre führen.

„Manche Händler machen bei den vielfach sehr knappen Margen den eigentlichen Gewinn über die Versandkosten“, sagt Carsten Föhlisch, Justitiar der in Köln ansässigen Internet-Plattform „Trusted Shops“, die Online-Läden prüft und zertifiziert. In einigen Onlineshops wiederum „ist der Versand frei“. Für Föhlisch ist daher die Frage, die den BGH in Karlsruhe nun beschäftigt „sehr wichtig – nicht nur als Verbraucherschutz sondern auch in Sachen Wettbewerbsrecht.“

Schutz vor Abmahnungen

Schon vor zwei Jahren hat der BGH ein Grundsatzurteil zu Versandkosten gesprochen, nachdem eine regelrechte Abmahnwelle in unter Händlern für Ärger und Verunsicherung gesorgt hat: Online-Händler sind verpflichtet, die Versand-Gebühren zusätzlich zum Endpreis der Ware anzugeben. Allerdings muss das seit Oktober 2007 nicht direkt neben einem Produkt aufgelistet sein. Begründung der Richter: „Verbraucher im Versandhandel gehen davon aus, dass Versandgebühren zu bezahlen sind“.

Gerade Händler sind laut Carsten Föhlisch nun an einer erneuten höchstrichterlichen Entscheidung zu Versandkosten interessiert – „alleine schon aus Schutz vor Abmahnungen“. Fehlerhafte Preisangaben gehören zu den zehn meistgenannten Verstößen, die Onlinehändlern Abmahnungen bescheren. Das hat eine Umfrage durch Trusted Shops unter knapp 1020 Onlinehändlern vom Januar diesen Jahres ergeben.

„Knapp 57 Prozent der Befragten hatten angegeben, dass sie als Onlineshop-Betreiber bereits mindestens eine Abmahnung erhalten haben“. 46 Prozent der Befragten bewerteten erhaltene Abmahnungen als existenzgefährdend, berichtet Föhlisch. Das Gros der entstandenen finanziellen Schäden der Händler je Abmahnung lag zwischen 200 und 4000 Euro. Am häufigsten seien falsche Widerrufsfristen angekreidet worden, Verstöße gegen Marken- und Urheberrecht und fehlerhafte Angaben im Impressum. Fehlerhafte Preisangaben kamen unter 25 Punkten auf Platz sieben.

Wird das deutsche Widerrufs-Recht in Brüssel gekippt?

Unterdessen stehen beim Europäischen Gerichtshof in Brüssel Grundsatzentscheidungen an, deren Urteil noch für dieses Jahr erwartet wird und die erhebliche Folgen für den Onlinehandel künftig haben können. In einem Fall geht es ebenfalls um Versandkosten. Grundlage ist der Rechtsstreit zwischen der Verbraucherzentrale NRW und dem Heine Versand um die Frage, ob beim Widerruf eines Online-Kaufs der Händler neben dem Kaufpreis auch die Lieferkosten rückerstatten muss. Die Verbraucherzentrale fordert das.

Außerdem müssen die EuGH-Richter über den „Wertersatz“ beim Widerruf von Online-Einkäufen Urteilen. Nach deutschen Recht müssen Kunden bei Rückgabe eines Produktes innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist einen „Wertersatz“ akzeptieren – also einen Abschlag bei der Rückerstattung des Preises, wenn das Produkt Gebrauchsspuren hat. Laut der Europäischen Fernabsatzrichtlinie können Kunden nur die Ausgaben für die Rücksendung angelastet werden. Sollte die deutsche Rechtspraxis gekippt werden, hätte das für Carsten Föhlisch verheerende Konsequenzen: „Dann würde das Internet zu einem globalen Leihhaus mutieren!“ (mit afp)