Athen. . Weder der Schuldenschnitt noch die Hilfspakete haben die Probleme in Griechenland gelöst. Das Land braucht eine Art Marshallplan. Auch ein Schuldenschnitt ändert nichts an der Misere. Wie untauglich dieses Instrument ist, zeigte bereits der erste „Haircut“ vom März 2012. Eine Analyse.
Griechenland ist Wahlkampfthema. Noch läuft die Debatte um den Schuldenschnitt, von dem die Bundesregierung standhaft versichert, er sei weder nötig noch geplant, da prescht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit der Ankündigung vor, Griechenland brauche ein drittes Rettungspaket. Neu ist diese Einsicht nicht. Schäuble selbst hatte schon im Frühjahr 2012, bei der Verabschiedung des zweiten Hilfspakets, angedeutet, man werde sich möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft erneut mit Griechenland-Hilfen beschäftigen müssen.
Der CDU-Politiker tat gut daran, das jetzt offen auszusprechen, auch wenn es seiner Partei im Wahlkampf nicht eben helfen wird. Längst ist unübersehbar: Die Rechnung der Griechenland-Retter geht nicht auf. Das gilt sowohl für die Schulden des Landes, die 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprechen und damit untragbar sind, wie auch für die öffentlichen Haushalte. Trotz aller Sparmaßnahmen klafft in Griechenland in den kommenden drei Jahren eine Finanzlücke von elf Milliarden Euro. Dass der griechische Finanzminister sich das benötigte Geld zu vertretbaren Zinsen am Markt wird besorgen können, ist unwahrscheinlich. Deshalb beginnt sich die Erkenntnis durchzusetzen: Griechenland braucht mehr Geld.
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Neue Hilfskredite vergrößern die hohe Schuldenlast
Wenn das Land nicht zum Fass ohne Boden werden soll, ist es mit immer neuen Hilfskrediten aber nicht getan. Sie vergrößern nur die ohnehin zu hohe Schuldenlast. Auch ein Schuldenschnitt ändert nichts an der Misere. Wie untauglich dieses Instrument ist, zeigte bereits der erste „Haircut“ vom März 2012. Damals mussten die privaten Gläubiger, vor allem Banken, Versicherungen und Pensionsfonds, auf 100 Milliarden Euro verzichten. Doch um die eigenen Banken und Rentenkassen zu retten, musste Athen sogleich wieder neue Schulden machen. Die Folge: Heute ist die Schuldenquote höher als vor dem Schuldenschnitt.
Schuldenspirale und Finanzlöcher haben eine Ursache: Die EU-Partner und der IWF haben Griechenland ein Sparprogramm verordnet, das die Fundamente der Volkswirtschaft zersetzt, den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft und den demokratischen Konsens gefährdet. Im sechsten Jahr der von den Rettern verordneten Rezession lebt mehr als ein Drittel der Griechen an der Armutsgrenze. Zwei von drei Jugendlichen sind arbeitslos. Hunderttausende haben keine Krankenversicherung mehr. Und die Neonazi-Partei Goldene Morgenröte bekommt immer mehr Zulauf. Auch ökonomisch ist das Land in einem Teufelskreis: Immer neue Sparauflagen würgen die Wirtschaft ab. Das lässt die Schuldenquote weiter steigen. Haushaltskonsolidierung ist unverzichtbar, aber sie allein reicht nicht.
Neue Hilfskredite, wie Schäuble sie ankündigt, werden dem Land weitere Schulden aufsatteln. Zu rechtfertigen sind sie nur, wenn endlich ein Kurswechsel eingeleitet wird. Wie der aussehen könnte, haben die USA nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Marshallplan gezeigt. Er bescherte dem vom Krieg gezeichneten Westeuropa ein nie dagewesenes Wirtschaftswachstum. Die EU könnte Griechenland jetzt einen Wachstumsschub geben – durch die vorgezogene Freigabe von Fördermitteln, die dem Land ohnehin zustehen.
Der Schlüssel ist Wachstum
Wachstum ist der Schlüssel für Griechenlands Ausweg aus der Schuldenfalle. Das Land muss endlich ökonomisch wieder auf die Beine kommen. Neue Hilfen müssen deshalb an die Umsetzung weiterer Reformen geknüpft werden. Dazu gehören vor allem die Öffnung der Märkte, der Bürokratieabbau und die Bekämpfung der chronischen Korruption – alles oft gefordert, aber bisher nur unzureichend umgesetzt. Mit diesen Reformen muss Griechenland das Fundament für nachhaltiges Wachstum legen. Sonst sind neue Hilfskredite verschwendetes Geld.