Salzgitter. Nach Wochen des Wartens hat die Belegschaft des Stahlkonzerns Salzgitter eine erste Gewissheit: Mehr als 1500 Stellen sollen wegfallen. Das gab am Mittwoch die Konzernspitze bekannt. Wen es treffen könnte, ist völlig unklar. Und wenn es nach der Gewerkschaft geht, ist noch gar nichts entschieden.

Deutschlands zweitgrößter Stahlhersteller Salzgitter will im Strudel der branchenweiten Krise mindestens 1500 Arbeitsplätze streichen. Details zu dem spürbaren Jobabbau, der rund sechs Prozent der Belegschaft oder ungefähr jede 16. Stelle treffen würde, blieb der Konzern aber zunächst schuldig. Die Gewerkschaft IG Metall widersprach dem Sparziel vehement - noch sei gar nichts entschieden, die Zahl 1500 habe nämlich noch gar keine Grundlage.

Mit seiner Halbjahresbilanz vom Mittwoch nannte der Konzern neben tiefroten Zahlen erstmals auch ein konkretes Sparziel für den Stellenschlüssel. Es gehe um eine "Personalreduzierung oberhalb von 1500 Stellen". Zuvor hatte der Umfang der Pläne im Dunklen gelegen.

315,2 Millionen Euro Verlust im ersten Halbjahr

Unterm Strich notierte der MDax-Konzern aus Niedersachsen nach den ersten sechs Monaten 315,2 Millionen Euro Verlust. Zum ersten Quartal hatte der Nachsteuerverlust noch bei rund 17 Millionen Euro gelegen. Nun kamen binnen drei Monaten rund 300 Millionen Euro Miese hinzu.

In den vergangenen Wochen hatten Arbeitnehmervertreter und Konzern über erste Sparziele verhandelt. Die Sichtweisen zum bisherigen Stand klaffen nun weit auseinander. Während in der Halbjahresbilanz steht, dass es längst eine Rahmenvereinbarung mit der Arbeitnehmerseite gebe und das Verabschieden dieses "Zukunftsvertrages" nur noch eine Formalie sei, widerspricht die Gewerkschaft dieser Version vehement.

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Sparziel 1500 Stellen "spekulativ und überflüssig"

IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban wies das Sparziel von gut 1500 Stellen als "spekulativ und überflüssig" zurück. "Betriebsräte und die IG Metall können und wollen die durch den Vorstand genannten Zahlen weder bestätigen noch akzeptieren", sagte Urban in einer Mitteilung. Er kontrolliert Salzgitter als Vize-Aufsichtsratschef.

Fakt bleibt der Sparwille. Und mit Blick auf die Bilanz dürfte eine Stoßrichtung klar sein: Die verlustreiche Tochter Peiner Träger GmbH (PTG) macht aufs Neue die größten Sorgen. In der Bilanz ist bei der PTG von einer "katastrophalen Erlössituation" die Rede. Der Konzern schrieb satte 185 Millionen Euro auf das Anlagevermögen ab. Mit Blick auf den Restwert glaubt die Salzgitter AG damit vereinfacht gesagt rein buchhalterisch nicht mehr daran, dass die PTG absehbar auch nur die Hälfte ihrer früheren Beiträge wird liefern können.

Krise auch bei Konkurrent ThyssenKrupp

Mit dem angekündigten Stellenabbau ist der Salzgitter-Konzern, der zum Stichtag Ende Juni noch 25.272 Mitarbeiter zählte, nicht alleine. Auch Deutschlands Marktführer ThyssenKrupp rüstet sich mit dem Abbau von 2000 Stellen in seiner Stahlsparte gegen die Branchenkrise. Der Essener Dax-Konzern kam in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahrs (30.9.) auf einen Milliardenverlust. Überkapazitäten plagen die ganze Branche nachhaltig, bei Thyssen kommen Fehlplanungen in Übersee dazu.

Bei den Niedersachsen soll nun das Sparprogramm "Salzgitter 2015" die Wende für den Konzern bringen, an dem das Land eine Sperrminorität hält. Zwar betonte Konzernsprecher Bernhard Kleinermann, dass das Ziel der gut 1500 Stellenstreichungen konzernweit gelte. Dennoch: "Dort, wo die größten Verluste anfallen, wird auch überproportional angesetzt."

Lahmes Baugeschäft in Südeuropa belastet Peiner Tochter

Bei der Peiner Tochter gehe es nicht um bloße Absatzschwankungen. Das lahme Baugeschäft im kriselnden Südeuropa belaste sehr nachhaltig.

Anfang August hatte die Salzgitter AG zum zweiten Mal binnen weniger Monate die Prognose kassiert. Vor Steuern soll das Jahr 2013 rund 400 Millionen Euro Verlust bringen. An der Börse sorgte die Halbjahresbilanz am Mittwoch bis zum Mittag für Kursgewinne. (dpa)