Mülheim. . Über längere Zeit werden sich die Beschäftigten von Salzgitter Mannesmann Grobblech (MGB) und Europipe in Mülheim auf Kurzarbeit einstellen müssen. Grund ist laut der Konzernmutter Salzgitter AG die “fortdauernde Strukturkrise“. Jungst wurde sogar die Ergebnisprognose für 2013 nach unten korrigiert.

Hunderte Beschäftigte der Mülheimer Stahlunternehmen Salzgitter Mannesmann Grobblech (MGB) und Europipe müssen sich auf eine lang anhaltende Zeit mit Kurzarbeit einstellen. Die Salzgitter AG als Konzernmutter spricht von einer „fortdauernden Strukturkrise“ und korrigierte jüngst ihre Ergebnisprognose für 2013 noch einmal nach unten.

Stahlkrise, Euro- und Finanzkrise, Zurückhaltung bei investiven Großprojekten auf dem Gasmarkt – MGB und Europipe, die in einer Produktionskette für die Großrohrproduktion von Pipelines am Markt agieren, haben nun schon länger Schwierigkeiten, ihre Werke auszulasten.

Die Salzgitter AG stellte nun fest: „Bei den europäischen Großrohrherstellern des Konzerns herrscht erheblicher Auftragsmangel, da im Weltmarkt der Pipeline-Rohre zurzeit keine nennenswerten Projekte vergeben werden. Als Folge dessen dürfte die Kurzarbeit in mehreren Konzerngesellschaften mindestens bis Ende des Jahres fortzusetzen sein.“ Der Unternehmensbereich Röhren werde am Ende des Geschäftsjahres „einen spürbaren Verlust vor Steuern aufweisen“.

Eine statt zwei Schichten

Auf die Situation in Mülheim ging ein Konzernsprecher auf Nachfrage gesondert ein. Nach dreiwöchigen Werksbetriebsferien hat Europipe an diesem Montag zwar die Produktion wieder aufgenommen, aber das nur mit einer statt zwei Schichten und nur für diese eine Woche.

Ab dem 19. August wird die Kurzarbeit, die den 650-Mann-Betrieb mit Unterbrechungen bereits seit dem Frühjahr begleitet, fortgesetzt. Sowohl hier als auch bei MGB werden laut Konzernsprecher rund 450 Mitarbeiter von Kurzarbeit betroffen sein. Bei MGB (insgesamt 750 Beschäftigte, inklusive Leiharbeitnehmer) werde ab dem 2. September im Biege- und ab dem 16. September im Blechwalzwerk kurzgearbeitet.

Für die MGB-Mitarbeiter im Blechwalzwerk hätten Konzern und Betriebsrat bereits in einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit sichergestellt, dass der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld dergestalt aufstockt, dass am Ende jeder Mitarbeiter zumindest 90 % seiner Nettolohns ausgezahlt bekomme, so Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Lorenz. Für das Biegewerk müsse eine solche Vereinbarung nun noch getroffen werden. Auch bei Europipe gilt jene 90-Prozent-Regelung. Allerdings, gibt Betriebsratschef Frank Schulz zu bedenken: „Die Zulagen fallen natürlich weg. So ist der Lohnverlust tatsächlich größer.“

Die Lage sei ernst, stellt Schulz fest. „Ich bin selbst schon 30 Jahre im Unternehmen. Kurzarbeit in solchem Ausmaß habe ich noch nicht erlebt.“

Russisch-italienische Erdgas-Pipeline

„Die Sorgen der Kollegen“, so Europipe-Betriebsrat Frank Schulz, „werden immer größer. Wichtig ist, dass jetzt Aufträge reinkommen. Hoffnungen machen sich Europipe, aber auch MGB, insbesondere auf einen baldigen Auftrag für das „South-Stream-Projekt“, eine geplante russisch-italienische Erdgas-Pipeline, die unter anderem auf dem Grund des Schwarzen Meeres verlaufen und von Bulgarien auf je einem Strang nach Italien und Österreich weitergeführt werden soll.

Sollte sich nicht absehbar eine volle Auslastung abzeichnen, könnte zumindest MGB erfasst werden von der Konzern-Restrukturierung „Salzgitter 2015“, bei Europipe müsste die Dillinger Hütte als zweite Gesellschafterin etwaigen Plänen zustimmen. Wie viele der konzernweit 25.000 Stellen wegfallen könnten, hat Vorstandschef Heinz Jörg Fuhrmann bislang zwar offen gelassen. Wenige hundert seien aber nicht ausreichend.

MGB-Betriebsrat Wolfgang Lorenz ließ wissen, dass der Konzernbetriebsrat „nicht über Personalabbau redet“. Zu schließen sei ein „Zukunftsvertrag“ mit Regelungen zur Beschäftigungsgarantie, zur Übernahme von Jungfacharbeitern, gegen eine weitere Leistungsverdichtung und anderes.