München. . Der Aufsichtsrat von Siemens beschließt den Rauswurf von Konzernchef Peter Löscher. Zuvor gab es einen heftigen Machtkampf. Im Umfeld des Konzerns war sogar von einem Putsch die Rede. Eine Schlüsselrolle spielte Aufsichtsratschef Gerhard Cromme.
Es war ein denkbar turbulenter Machtwechsel. Peter Löscher wird gegen seinen Willen vom Siemens-Aufsichtsrat als Konzernchef abberufen und vom bisherigen Finanzchef Joe Kaeser ersetzt. Der Aufsichtsrat werde beim Treffen nächste Woche das vorzeitige Ausscheiden des Vorstandsvorsitzenden beschließen, hieß es in einer offiziellen Mitteilung des Konzerns. Zudem werde ein anderes Vorstandsmitglied zum neuen Chef ernannt. Es sei „glasklar“, dass die Wahl auf Kaeser fällt, betonte ein Insider. Auf die Abwahl Löschers sowie auf die Bestellung Kaesers habe sich eine Mehrheit des Aufsehergremiums bei einem Krisentreffen verständigt.
Der Österreicher Löscher (55), der 2007 von Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme nach einem Korruptionsskandal als erster Konzernfremder an die Siemens-Spitze geholt wurde, hatte nie eine eigene Machtbasis im Haus. Aber zuletzt distanzierten sich Vorstandskollegen, allen voran Kaeser (56), betont von ihm.
Von einem Putsch ist die Rede
Nicht nur wegen der hochsommerlichen Temperaturen ging es im Siemens-Kontrollgremium heiß her, glaubt man den Darstellungen über den Diskussionsverlauf der elfstündigen Marathonsitzung am Münchner Flughafen. Erst zwei Stunden vor Mitternacht wurde am Samstag klar, dass Löschers Tage bei Siemens gezählt sind. Eine Schlüsselrolle im Machtkampf spielte Cromme, der lange Zeit auch Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef war.
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Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete, Cromme sei mit dem klaren Willen angereist, Löscher zum Rücktritt zu zwingen. „Löscher war kämpferisch bis zuletzt und er hat nicht kapiert, was die Stunde geschlagen hat“, sagt einer, der nahe am Geschehen war. Löscher habe dem Aufsichtsrat versichert, das Ruder noch selbst herumreißen zu können und die jüngsten Vorgänge in die Nähe eines Putschversuchs im Vorstand gerückt.
Gleichzeitig hat es sich der einstige Hoffnungsträger mit der Belegschaft und der bei Siemens mächtigen IG Metall verdorben. Fakt ist, dass Löscher seit einem Jahr das Personal über Details seiner Abbaupläne im Rahmen eines sechs Milliarden Euro umfassenden Sparprogramms im Ungewissen gelassen hat. Als Folge zittern große Teile der weltweit 370 000 Siemensianer. 10 000 Stellen könnte es treffen, schätzt die IG Metall.
Zur Eskalation kam es nach einer Adhoc-Mitteilung
Zur Eskalation in einem der wichtigsten deutschen Konzerne kam es nach einer sechszeiligen Adhoc-Mitteilung am vorigen Donnerstag. Darin hatte Siemens das für das Geschäftsjahr 2013/14 geltende Margenziel von zwölf Prozent für unerreichbar erklärt. Diesem Renditeziel hatte Löscher zuvor alles untergeordnet. Es war nicht das erste Mal, dass Löscher Prognosen korrigieren musste.
Folgt man Löschers Sichtweise, war die Adhoc-Mitteilung ein abgekartetes Spiel, um ihn aus dem Amt zu schießen. So soll er es dem Aufsichtsrat geschildert haben. Er, Löscher, sei vorigen Donnerstag gegen die Warnmitteilung an die Börse gewesen, weil noch nicht alles verloren sei und das Ziel noch erreichbar wäre. Die Mehrheit des Vorstandskollegiums habe das aber anders gesehen und die Warnung wurde gegen den Willen Löschers veröffentlicht.