Hamburg. Ein Wirtschaftsprozess mit Symbolcharakter: Zum ersten Mal muss sich ein kompletter Bankvorstand wegen eines Geschäfts in der Finanzkrise vor einem Hamburger Gericht verantworten. Den sechs Ex-Managern der HSH-Nordbank wird Untreue vorgeworfen - im Fall “Omega 55“.

Mit der Verlesung der Anklageschrift hat am Mittwoch in Hamburg der Prozess gegen den früheren Vorstand der HSH Nordbank begonnen. Die Staatsanwaltschaft trug detailliert die Vorwürfe gegen die sechs früheren Bankmanager vor.

Sie sollen der Bank bei einem Finanzgeschäft 2007 einen Schaden von 158 Millionen Euro zugefügt haben. Dabei hätten sie ihre Pflichten verletzt und damit Untreue in einem besonders schweren Fall begangen. Zwei der Angeklagten wird zudem Bilanzfälschung vorgeworfen.

Unter großem Medienandrang betraten die Ex-Vorstände, unter ihnen der 2007 amtierende Vorstandschef Hans Berger und der damalige Ex-Finanzchef und spätere Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher, begleitet von ihren Anwälten das Hamburger Strafjustizgebäude.

Die sechs Angeklagten wollen sich erst einmal nicht äußern. Vor dem Beginn der Beweisaufnahme will das Gericht zunächst erläutern, warum es die Anklage der Staatsanwaltschaft zugelassen hat.

Verteidiger rügen die Besetzung des Gerichtes

Die Verhandlung war bereits kurz nach Beginn unterbrochen worden, weil die Verteidigung von zwei Angeklagten die Verlesung der Anklageschrift in der vorliegenden Form nicht für zulässig hielt.

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Nachdem die Kammer unter dem Vorsitz des Richters Marc Tully diese Anträge zurückgewiesen hatte und die Anklage verlesen war, rügten die Verteidiger die Besetzung des Gerichtes. Die 8. Große Strafkammer des Hamburger Landgerichts sei nicht zuständig. Einer der Verteidiger begründete den Antrag mit Hinweis auf die Geschäftsverteilung der Hamburger Gerichte.

"Omega 55" steht im Mittelpunkt des Prozesses

Gegenstand des Prozesses ist ein komplexes Finanzgeschäft aus dem Dezember 2007, das unter dem Namen "Omega 55" bekannt ist. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, dass sie auf der Grundlage ihrer Unterlagen die Chancen und Risiken des Geschäfts gar nicht hätten abwägen können.

"Die Kreditvorlage war schwer verständlich und enthielt keine aussagekräftige Information über Kosten und Erträge des Geschäfts", sagte der Staatsanwalt. Die Vorstände hätten hohe Verluste von Beginn an bewusst in Kauf genommen, um nach außen bessere Zahlen zu zeigen.

Das Gericht wird monatelang verhandeln, ehe ein Urteil fällt. Mehr als 40 Prozesstermine bis in den Januar sind terminiert. Den Angeklagten drohen Strafen bis zu zehn Jahren Haft. Alle sechs haben bislang die Vorwürfe zurückgewiesen und darauf verwiesen, ihre Pflichten als Vorstände gewissenhaft erfüllt zu haben. (dpa)