Münster. . Im Streit um die 70-Millionen-Euro-Dividendenzahlung an die Eigentümer der Provinzial Nordwest gehen jetzt die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gegen den Konzern vor. Sie haben Klage beim Landgericht Münster eingelegt. Sie wollen die drohenden Fusion mit der Provinzial Rheinland verhindern.

Bei der Provinzial Nordwest ist Feuer unterm Dach: Die Arbeitnehmervertreter im Provinzial-Aufsichtsrat ziehen gegen ihren eigenen Konzern vor Gericht. Mit ihrer Klage beim Landgericht Münster wollen sie die Dividendenzahlung an die Eigentümer des zweitgrößten Sparkassenversicherers kippen. Mehr als 70 Millionen Euro Dividende bei einem Jahresüberschuss von 82,4 Millionen sei überhöht, sagte Frank Fassin, Verdi-Vertreter im Provinzial-Aufsichtsrat, am Montag in Münster. Mit einem Urteil solle zudem die Rechtsgrundlage des Unternehmens geklärt werden.

"Wir streben die Rückholung der Aktiengesellschaft unter das Dach einer öffentlich-rechtlichen Anstalt an", sagte Gesamtbetriebsratschef und Aufsichtsratsmitglied Albert Roer. Nur so könne der geplante Zusammenschluss mit der Provinzial Rheinland vorangetrieben werden, sagte Roer weiter. Die Arbeitnehmer befürchten, dass eine Fusion nicht funktioniert, solange die beiden Versicherer unterschiedliche Rechtsformen haben: Die Provinzial Rheinland ist noch eine Anstalt öffentlichen Rechts.

Die Fusionsgespräche sind auch eine Folge des Interesses des Branchenprimus Allianz an der Provinzial, das vor gut einem halben Jahr für Aufregung gesorgt hatte. Die meisten Sparkassen wollen verhindern, dass ein privates Unternehmen in die Phalanx der Sparkassen-Versicherer einbricht.

Streit um die Höhe der Dividende

Auf die Frage, ob die Allianz weiter Interesse habe, sagte Roer, nicht alle Akteure hätten ihr entsprechendes Wunschbild aufgegeben. "Unsere Eigentümer behandeln uns so, als wären wir ein frei handelbares Gut." Großaktionäre der Provinzial Nordwest sind mit je 40 Prozent der Sparkassenverband Westfalen-Lippe und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Die beiden Sparkassenverbände wollen Kreisen zufolge die Fusionsgespräche vorantreiben. Der Landschaftsverband sah dagegen zuletzt noch offene Fragen.

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Verdi argumentiert, die Dividendensumme sei eine "politisch unerträgliche Selbstbedienung der Aktionäre". Schließlich habe die Provinzial wegen ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags auch nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft eine besondere Stellung. Das 2001 vom damaligen nordrhein-westfälischen Finanzminister und heutigen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück verfasste Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Provinzial werde missachtet. Deshalb stehe man auch mit der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen im Gespräch. Die Klage könne bis zum Bundesgerichtshof gehen.

Die Provinzial Nordwest betont dagegen, die Dividende sei "angemessen und vertretbar". Auch nach Ausschüttung betreibe das Unternehmen in erheblichem Maße nachhaltige Zukunftssicherung durch den weiteren Aufbau von Reserven und die Stärkung des Eigenkapitals, erklärte Konzernsprecher Jörg Brokkötter. (rtr)