Münster. . Die Eigentümer der Provinzial Nordwest bestätigen ein Interesse der Privatwirtschaft an dem öffentlichen Versicherer aus Münster. Der Versicherungskonzern Allianz soll rund 2,5 Milliarden Euro geboten haben. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet bei einem Verkauf den Verlust von 6000 Jobs.

Die Gewerkschaft Verdi schlägt Alarm: Die Gewerkschaft warnt vor einem möglichen Verkauf der Provinzial Nordwest und dem Verlust von bis zu 6000 Jobs bei dem öffentlichen Versicherer. Der Branchenriese Allianz soll seine Fühler nach dem Unternehmen mit Sitz in Münster ausgestreckt und den Eignern rund 2,5 Milliarden Euro im Falle einer Übernahme geboten haben. Die Eigentümer der Provinzial Nordwest bestätigten gestern das Interesse aus dem Versicherungslager und erklärten: „Die Eigentümer wollen sehr zeitnah entscheiden, ob ein Verkauf überhaupt, und wenn ja, zu welchen Bedingungen infrage kommt.“

Verdi warnt vor Abbau aller Jobs

Die Provinzial Nordwest gehört dem Sparkassen-Verband Westfalen-Lippe (40 Prozent), dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (40 Prozent), dem Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein (18 Prozent) und dem Ostdeutschen Sparkassenverband (2 Prozent). Verdi befürchtet, dass bei einem Verkauf des Versicherers alle Ar­beitsplätze wegfallen könnten. So arbeiteten rund 3000 Beschäftigte im Innendienst, noch einmal so viele im Außendienst des Versicherers. Die Allianz sei nur an den Vertriebsstrukturen der Provinzial Nordwest interessiert, sagen Vertreter der Gewerkschaft. Es sei nur schwer vorstellbar, dass ein möglicher Käufer Doppelstrukturen aufrecht erhalte. Ein Verkauf der Provinzial sei zudem nicht mit dem öffentlichen Auftrag des Versicherers vereinbar, so Verdi. Die Gewerkschaft will heute über ihre weitere Vorgehensweise informieren.

Doch warum denken die Eigner über einen möglichen Verkauf der Provinzial Nordwest nach? Der öffentliche Versicherer hat ebenso wie zahlreiche privatwirtschaftlich geführte Versicherungsunternehmen Ertragsprobleme auf Grund der aktuellen Niedrigzinsphase. Ein Verkauf an die Allianz würde zudem Geld in die Kassen der Anteilseigner spülen. Vor allem der klamme Landschaftsverband Westfalen-Lippe und die mit ihm verbandelten Kommunen könnten von einer Veräußerung profitieren. Zudem, so ein Verdi-Sprecher, habe gerade der Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein Belastungen aus der Beinahepleite der Landesbank HSH Nordbank zu schultern. Frisches Geld könne auch hier hilfreich sein.

Drei Millionen Kunden

Die Provinzial Nordwest war 2005 durch den Zusammenschluss der Westfälischen Provinzial mit der Provinzial Nord entstanden. Fusionsbestrebungen zwischen der Westfälischen Provinzial und der Provinzial Rheinland waren wiederholt an unterschiedlichen territorialen Interessen gescheitert. Das Interesse des Allianz-Konzerns an der Provinzial war vergangenen Freitag bekannt geworden. Da hatte Wolfgang Kirsch, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), einen Verkauf des Versicherers noch ausgeschlossen. „Wir planen derzeit nicht, unsere Anteile an der Provinzial Nordwest zu verkaufen“, zitierte eine LWL-Pressemitteilung Kirsch.

Auch für die Allianz wäre der Zukauf von Vorteil. Das Inlandsgeschäft stagniert. Durch den Erwerb der Provinzial könnte der Versicherungskonzern aus München seinen Kundenstamm deutlich erweitern. Die Provinzial Nordwest betreut nach eigenen Angaben rund drei Millionen Versicherte mit etwa zehn Millionen Verträgen.