Münster. . Ulrich Rüther, Vorstandschef der Provinzial Nordwest, hat den angeblichen Angriff auf sich in der letzten Woche nur erfunden. Zunächst hatte er behauptet, ein Unbekannter habe ihn mit einem Schraubenzieher in der Tiefgarage seiner Firma niedergestochen. Nun gestand er, sich die Verletzungen selbst zugefügt zu haben.

Seine Mitarbeiter reagierten entsetzt, als er ins Krankenhaus gebracht wurde, und die Polizei fahndete vor einer knappen Woche nach dem großen Unbekannten, der ihn in der Firmentiefgarage mit einem Schraubenzieher niedergestochen haben sollte. Doch Ulrich Rüther, Vorstandschef der Provinzial Nordwest, ist nicht das Opfer einer Attacke geworden, sondern hat sich die sechs Stichverletzungen selbst beigebracht. Das hat er den ermittelnden Behörden in Münster gestanden, wie Oberstaatsanwalt Heribert Beck der WAZ Mediengruppe bestätigte.

Beck verwies auf „intensive Ermittlungen“ und die Angaben des Rechtsmediziners. Der habe die Wunden begutachtet und sei zu dem Schluss gekommen, „dass mit hoher Wahrscheinlichkeit kein dynamisches Tatgeschehen“, also ein Angriff, zu den Verletzungen geführt habe. Mit dieser Einschätzung habe man Rüther konfrontiert. Er müsse sich nun wegen Vortäuschens einer Straftat verantworten, darf aber wohl darauf hoffen, mit einer Geldstrafe davonzukommen.

"Extrem belastende Phase"

Provinzial-Sprecher Jörg Brokkötter hatte Rüthers Einlassung bei der Staatsanwaltschaft Münster und der Polizei am Mittag in einer Stellungnahme des Unternehmens zusammengefasst. „Herr Rüther möchte mit diesem Schritt die extrem belastende Phase speziell für seine Frau und seine drei Kinder zum Abschluss bringen. Schon das bisherige, enorme Presseecho hat zu einer erheblichen, negativen Beeinträchtigung seiner Privatsphäre geführt“, schrieb Brokkötter.

Gemeint sind damit die Turbulenzen um den möglichen Verkauf der Provinzial, die Rüther offenbar stark belasteten. Dass die Allianz den zweitgrößten deutschen öffentlichen Versicherer angeblich für mehr als zwei Milliarden Euro schlucken will, hat Befürchtungen ausgelöst, bei der Provinzial seien tausende Arbeitsplätze in Gefahr. Die Gewerkschaft Verdi hatte erklärt, es sei denkbar, dass auf Dauer alle 6000 Jobs wegfielen.

Noch am Montag hatten die Westfälischen Nachrichten ein Interview mit Rüther gedruckt, in dem der Manager auf den angeblichen Angriff eines Vermummten einging. „Ein bisschen unterschätzt habe ich die Momente, in denen man ins Grübeln kommt und sich vorstellt, was wäre wenn“, sagte er. Und: „Die Schlagzeilen in den Medien hörten sich bedrohlicher an, als ich es selbst empfunden habe.“ Jetzt weiß man, warum.