Essen. Zahlreiche Modeketten wie H&M und Reno nehmen Altkleider gegen Einkaufsgutscheine an und verkaufen die Sachen weiter an das Recyclingunternehmen “I collect“. So sollen Rohstoffe erhalten bleiben. DRK und Caritas haben Bedenken, dass damit sozialen Einrichtungen die Spenden ausgehen.

Alte Kleidung, jeder hat sie, jeder fragt sich ab und zu: Wohin nur damit? Neben den traditionellen Sammelstationen wie Deutsches Rotes Kreuz, Caritas, Arbeiterwohlfahrt, den kommerziellen Sammlern, die gerne per Handzettel Bescheid geben, wann sie vorbeischauen und oftmals auch den Städten selbst, mischen seit einiger Zeit nun auch zahlreiche Modeketten mit. Wie der schwedische Moderiese H&M, der vor wenigen Monaten in das Karussell der alten Kleider mit eingestiegen ist

Das Altkleidergeschäft boomt - das wissen auch die großen Modefirmen. Und bieten ihren Kunden nicht nur die Möglichkeit, das alte Zeug loszuwerden, sondern auch die Chance auf schnelles Geld. Denn für jede gespendete Tüte Altkleidung bekommen die Kunden einen Einkaufsgutschein, der bei der nächsten Shopping-Tour eingelöst werden kann. Dass dabei die sozialen Sammler wie DRK und Caritas auf der Strecke bleiben könnten, steht bei den Modeketten nicht auf dem Preisschild.

Modeketten wollen Rohstoffe schonen

"Wir stören die sozialen Projekte nicht, da wir ein anderes Ziel verfolgen mit unserer Aktion", erklärt Anja Schmermund, Sprecherin des Schuh-Unternehmens "Reno". Seit vielen Jahren mit an Bord der Altkleidersammler wolle man hier vor allem Hausmüll verhindern und Rohstoffe im Kreislauf halten. Ein edles Vorhaben, das sich dennoch teilweise mit dem sozialen Markt überschneidet. Denn hier werden Schuhe ebenfalls benötigt - dringend, wie das Deutsche Rote Kreuz vermeldet.

Anja Martin, Sprecherin für das DRK in NRW, berichtet, dass die 800 Kleiderkammern des DRK im Land den Konkurrenten bereits bemerken. Vor allem die Anzahl der Kleidung werde weniger, so Martin. "Wir machen uns natürlich Sorgen", erklärt Anja Martin.

Vor Ort in der Kleiderkammer des DRK in Hagen beispielsweise spüren die Mitarbeiter den Rückgang der gespendeten Kleidung deutlich. Und dabei geht es nicht nur um die Anzahl, sondern auch oft um die Qualität der Anziehsachen, verrät Rolf Bogenschneider. Der Leiter der sozialen Einrichtung sorgt sich um die Bedürftigen. "Die Kleidung wird immer weniger und was wir manchmal aus den Containern der Altkleidersammlung herausholen, ist von unfassbar schlechter Qualität", so Bogenschneider. Dass dieser Rückgang von Qualität und Quantität auch mit der neuen Sammelwut der Modeketten zu tun hat, darin ist sich Bogenschneider sicher.

"I collect" verwertet die alten Kleider weiter

Das Geschäft mit der alten Kleidung - ein lukratives Geschäft, das gleichzeitig der Umwelt helfen soll. "I collect", kurz "I:CO", heißt das System, das hinter dem Deal mit den alten Kleidern steht. Die Modeketten geben ihre gesammelte Alt-Ware an den Partner ab. Dann verwendet "I:CO" die Kleidung weiter. Teilweise wird die Kleidung recycelt, neue Klamotten entstehen aus den alten Sachen, manchmal werden die Sachen, wenn sie nicht mehr wieder verwertet werden können, geschreddert und zu anderen Dingen wie Hutablagen in Autos weiterverarbeitet, so steht es auf der Internetseite von "I collect". Eine im Prinzip lobenswerte Initiative. Trotzdem hat diese Art der Weiterverarbeitung von Kleidung, die vielleicht für andere Augen noch gut erhalten ist, oftmals einen faden Beigeschmack - zumindest für karitative Altkleidersammlungen.

"Natürlich verwenden auch wir nicht alle Klamotten, in dem wir sie weitergeben an Bedürftige. Wenn die Kleidung in einem zu schlechten Zustand ist, geben wir sie auch ab an große Recyclingstationen. Aber der Erlös aus dieser Abgabe kommt wiederum einem guten Zweck zugute", erklärt Markus Lahrmann vom Caritasverband NRW. Hier habe man noch nicht solche Auswirkungen wie beim DRK gespürt. Das mag aber auch daran liegen, dass die Leute, wenn sie denn spenden, die Sachen privat direkt in die Kirche bringen, so Lahrmann.

Altkleidermarkt groß genug für alle

Reno, H&M, C&A, Adler, Esprit, Puma und der Supermarktdiscounter Lidl sind nur einige der Firmen, die gemeinsam mit "I Collect" hinter den alten Kleidern her sind. Bleibt zu hoffen, dass Markus Lahrmann von der Caritas recht behält, wenn er sagt: "Der Altkleidermarkt ist so groß, da ist auch für die Modeketten noch Platz." Sonst könnte es irgendwann für die Bedürftigen im Land kalt werden ohne neue, alte Kleidung.