Berlin. . Rund 90 Millionen Verträge über Kapitallebensversicherungen oder Privatrenten laufen derzeit in Deutschland. Doch niedrige Zinsen machen Sparern wie Anbietern zu schaffen. Neue Verträge lohnen sich selten und alte Zinsgarantien können von den Konzernen kaum erfüllt werden.
Der Versicherungsvertreter war beim Abschluss des privaten Rentenvertrags von Hartmut König (Name geändert) 1994 noch sehr zuversichtlich. Zu der garantierten Rente von rund 250 Euro, die ab 2020 ausgezahlt werden soll, würde fast noch einmal so viel an Überschussbeteiligungen kommen, versicherte er. „Daraus wird wohl nichts“, sagt König heute enttäuscht.
Im letzten Schreiben der Versicherung mit einem Zwischenstand und einer neuen Prognose geht der Anbieter nur noch von ein paar Euro bereits erreichter Zusatzerträge aus. Für den Rest der Laufzeit erwartet der Anbieter gar keine Überschussbeteiligung mehr. Nur der Garantiezins von damals 3,5 Prozent soll dazu kommen. Statt erhoffter 500 Euro kommen so nur etwa 280 Euro zusammen.
Auf ähnliche Erfahrungen müssen sich wohl viele Kunden einstellen. Rund 90 Millionen Verträge über Kapitallebensversicherungen oder Privatrenten laufen derzeit noch. Viele davon wurden vor Jahrzehnten abgeschlossen, in einer Zeit mit einem hohen Zinsniveau. Ende 1993 sicherten die Anbieter ihren Kunden noch vier Prozent Zinsen zu. Heute beträgt der Garantiezins nur noch 1,75 Prozent.
Zinsen steigen, wenn Konjunktur anspringt
Die damals hohen Zusagen machen den Versicherungen heute zu schaffen. Denn es gibt derzeit kaum sichere neue Anlagemöglichkeiten auf den Finanzmärkten, die genug abwerfen, um die Garantien für Altkunden zu erwirtschaften. Denn der Leitzins der Zentralbanken liegt weltweit nahe Null. Das wirkt sich auf das gesamte Zinsniveau aus. Deutsche Staatsanleihen werfen zum Beispiel keine zwei Prozent mehr ab.
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Im Durchschnitt erwirtschaften die Unternehmen nur noch rund 3,5 Prozent Zinsen. Das reicht nicht mehr zur Gutschrift der hohen Garantien aus Altverträgen. Auf lange Sicht könnte die Niedrigzinsphase für die Versicherungen zum Existenzproblem werden. Die Bundesfinanzaufsicht gibt aber zunächst Entwarnung. In den kommenden Jahren könnten die Unternehmen die Garantien bedienen, heißt es aus der Behörde.
Auch könnten die Zinsen wieder steigen, wenn die Konjunktur in den Krisenländern wieder anspringt. „Steigen die Zinsen wieder, werden auch Verträge mit hoher Garantieverzinsung wieder an den Überschüssen beteiligt“, verspricht eine Sprecherin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) den Versicherten. Doch ob und wann dies der Fall sein wird, ist derzeit völlig offen.
Neue Verträge für Verbraucher unattraktiv
Angesichts der Zinsentwicklung sind viele Kunden mit den einst hohen Zusagen immer noch gut bedient im Vergleich zum Sparbuch oder dem Festgeldkonto. Eine Kündigung des Vertrages ist daher oft keine gute Lösung. Dazu sollten sich Kunden auch vom Versicherungsvertreter nicht überreden lassen, rät die Stiftung Warentest. Allerdings kann es sich lohnen, die tatsächliche Rendite der Police einmal nachzurechnen. Denn vom Garantiezins gehen noch die Kosten der Versicherung ab. Die Stiftung bietet im Internet einen Rechner an, mit dem sich die tatsächliche Verzinsung während der Restlaufzeit des Vertrages berechnen lässt.
Doch auch der Abschluss eines neuen Vertrages ist für immer weniger Verbraucher attraktiv. Denn im Gegensatz zu der Zeit vor 2005 sind die Erträge aus Kapitellebensversicherungen oder Verträgen über eine Privatrente nicht mehr steuerfrei. Außerdem liegt der geltende Garantiezins nur knapp über der Teuerungsrate. Das bekommt die Branche zu spüren. Die Zahl neu abgeschlossener Riester-Verträge ging 2012 um 36 Prozent zurück. Bei Lebensversicherungen verzeichneten die Anbieter ein Minus von vier Prozent.