Berlin. Bei Verspätungen oder verloren gegangenen Koffern können sich Fluggäste ab 1. November an eine Schlichtungsstelle wenden. Einem entsprechenden Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr stimmte am Freitag der Bundesrat zu. Jedem Fluggast soll es damit möglich sein, künftig Ansprüche gegen Fluggesellschaften in Höhe von bis zu 5000 Euro schnell und unbürokratisch durchzusetzen und langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden.
Flugpassagiere haben ab November bessere Chancen, sich im Streit mit ihrer Airline außergerichtlich zu einigen. Das sagte der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), Heinz Klewe. Am Freitag ließ der Bundesrat ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren, laut dem sich Fluggäste bei Ärger etwa über Verspätungen künftig an eine eigene Schlichtungsstelle wenden können. Das Gesetz gilt voraussichtlich für alle Streitigkeiten, zu denen es nach dem 1. November kommt.
Bislang hilft die SÖP vor allem bei Problemen mit Bahn, Bus und Schiff. Seit März kann sie auch für Fluggäste von Ryanair schlichten, für andere derzeit allerdings noch nicht. "Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass sich wegen des neuen Gesetzes bald weitere Airlines an der Schlichtung beteiligen", sagte Klewe.
Das Gesetz erzeugt "moralischen Druck"
Das neue Gesetz will Airlines nicht zur Schlichtung zwingen. Sie sollen sich freiwillig beteiligen. "Das ist auch richtig so, denn Schlichtung und Zwang passen nicht zusammen", sagt Heidi Tischmann vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Es sei ab dem 1. November nicht mehr so leicht für eine Airline, eine Schlichtung zu boykottieren. Das Gesetz erzeugt ihrer Ansicht nach durchaus eine Art "moralischen Druck".
Bislang standen die Chancen für Passagiere, die im Streit mit der Airline nicht vor Gericht ziehen wollten, eher schlecht. Sie konnten die Dienste kommerzieller Fluggasthelfer in Anspruch nehmen. Zu den größeren Anbietern zählen die Unternehmen "EUclaim", "Flightright" und "Fairplane". Alle haben gemeinsam, dass der Passagier nichts zahlt, wenn die Airline nicht einlenkt. Zahlt sie die geforderte Entschädigung, behält der Dienstleister rund 30 Prozent des Geldes ein.
Der Vorteil der professionellen Geldeintreiber: Sie haben aufwendig gepflegte Datenbanken mit Fluginformationen, die unter Umständen beweisen, dass dem Passagier eine Entschädigung zusteht. So erklärt Christoph Herrmann von der Stiftung Warentest das Geschäftsmodell. Außerdem nehmen sie ihrem Kunden meist den gesamten Aufwand ab - etwa die Dokumentation des Fluges.
Die Schlichtungsstelle arbeitet unentgeltlich
Nutzlos würden diese Dienstleister daher ab dem 1. November nicht, findet Herrmann. Denn die Schlichtungsstelle nehme dem Verbraucher den relativ hohen Aufwand nicht ab, der mit einer außergerichtlichen Einigung verbunden ist. Tischmann vom VCD weist allerdings darauf hin, dass man bei kommerziellen Eintreibern nie die Chance auf 100 Prozent der Entschädigung hat. Die Schlichtungsstelle arbeite unentgeltlich.
Herrmann ergänzt, dass die kommerziellen Fluggasthelfer nur Fälle übernähmen, die sehr aussichtsreich seien. Auf Kompromisse ließen sie sich nicht ein - die Schlichtungsstelle dagegen schon. Daher hätten Passagiere gerade in nicht ganz eindeutigen Fällen ab November bei der Schlichtungsstelle bessere Chancen als bei einem kommerziellen Dienstleister. (dpa)