Essen/Dortmund. . Im Frühjahr 2011 übernahmen kommunale Unternehmen im Ruhrgebiet den Essener Energiekonzern Steag. Seither befindet sich Deutschlands fünftgrößter Stromerzeuger mehrheitlich in der Hand von Stadtwerken aus finanzschwachen Kommunen des Ruhrgebiets.
Für die Stadtwerke aus Bochum, Dortmund, Duisburg, Dinslaken, Essen und Oberhausen war es ein großes Geschäft. Im Frühjahr 2011 übernahmen die kommunalen Unternehmen den Essener Energiekonzern Steag. Seither befindet sich Deutschlands fünftgrößter Stromerzeuger mehrheitlich in der Hand von Stadtwerken aus finanzschwachen Kommunen des Ruhrgebiets.
Zumindest im vergangenen Jahr scheint sich die Investition aus Sicht der Kommunen gerechnet zu haben. Die Steag hat den Gewinn gesteigert, die Stadtwerke bekommen ihre Dividende. Doch es gibt auch Probleme und strittige Punkte: Dass eine Stadtwerke-Firma wie die Steag stark auf die bei Klimaschützern heftig kritisierten Kohlekraftwerke setzt, sorgt ebenso für Diskussionen wie die Auslandsexpansion des Konzerns. Ist es Aufgabe von kommunalen Betrieben, Kraftwerke in Kolumbien oder auf den Philippinen zu betreiben, wie es die Steag tut? Was wäre, wenn es einmal nicht gut läuft? Müssen dann die Steuerzahler blechen?
Umstrittene Kohlekraftwerke
Für das vergangene Geschäftsjahr meldet die Steag jedenfalls Verbesserungen. Wie unsere Zeitung erfuhr, steigerte der Konzern das Ergebnis nach Steuern auf 184,8 Millionen Euro – das sind 179,9 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Dabei ist der Umsatz um 289 Millionen Euro auf rund 2,78 Milliarden Euro zurückgegangen.
Die sieben Stadtwerke, die insgesamt 51 Prozent der Steag-Anteile halten, können nun mit einer Gewinnausschüttung in Höhe von 25 Millionen Euro rechnen. Die Dividende werde diesmal „nicht aus der Substanz“ der Steag gezahlt, sondern sei im täglichen Geschäft erwirtschaftet worden, wird im Umfeld des Konzerns betont.
Allein die Stadtwerke Duisburg sollen rund 4,75 Millionen Euro von der Steag erhalten, bei den Stadtwerken Bochum und den beiden Dortmunder Betrieben DSW 21 und DEW 21 sind es jeweils 4,5 Millionen Euro. In Essen sollen 3,75 Millionen Euro ankommen, in Oberhausen und Dinslaken je 1,5 Millionen Euro.
Stadtwerke müssen Kredite abstottern
Insgesamt schüttet die Steag sogar 110 Millionen Euro aus. Mit einem Teil des Geldes stottern die Stadtwerke auch die Kredite ab, mit denen sie die Übernahme finanziert haben. Zusätzlich werden Rücklagen gebildet. Der Essener Industriekonzern Evonik, der 49 Prozent der Steag-Anteile hält, soll eine Dividende von knapp 24 Millionen Euro erhalten.
Insbesondere in Deutschland bleibt die Lage für die Steag aber schwierig. Dass Ökostrom vorrangig ins Netz eingespeist wird, macht auch den acht Kohlekraftwerken der Steag zu schaffen. Viele der Anlagen befinden sich in NRW – in Bergkamen, Duisburg-Walsum, Herne, Lünen und Voerde.
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Gute Geschäfte macht die Steag im Ausland. Dass sich eine Stadtwerke-Firma jenseits kommunaler Grenzen tummelt, ist in der Politik umstritten. Landtagsabgeordnete wie der FDP-Wirtschaftspolitiker Dietmar Brockes verweisen auf Risiken für die Steuerzahler. Da der Kauf der Steag zu einem Großteil über Kredite finanziert worden sei, bestehe die Gefahr, dass „Geld der Bürger verzockt“ werde. Doch die Steag will das Auslandsgeschäft sogar ausbauen. Schwerpunkte sollen dem Vernehmen nach Polen, Rumänien, Frankreich, Tschechien, die Türkei, Südamerika und Asien sein. Das wirkt sich auch auf die Belegschaft aus. Während die Zahl der Mitarbeiter in Deutschland sinken wird, sollen im Ausland Beschäftigte hinzukommen. Offenbar werden in der Verwaltung weitere Stellen wegfallen.
Ursprünglich Pläne für „grünen Konzern“
Mit der Übernahme der Steag durch die Stadtwerke war bei manchem Politiker auch die Hoffnung verbunden, den Kohleverstromer zu einem „grünen Konzern“ umzubauen. Doch für dieses Vorhaben steht offenbar weniger Geld zur Verfügung als zunächst gedacht. Derzeit befinden sich bei der Steag im Bereich der erneuerbaren Energien Projekte im Umfang von rund 730 Megawatt in der Entwicklung – deutlich weniger als erwartet.
Im Konzern hat man wohl erkannt, dass in Sachen Ökostrom Erwartungen enttäuscht wurden. Nun will die Steag eine Firma gründen, über die Stadtwerke in Windräder, Bioenergie und Geothermie investieren können. Im Herbst soll aber erst einmal nach Verzögerungen und technischen Problemen die Anlage „Walsum 10“ in Betrieb gehen – ein neues Kohlekraftwerk.