Wolfsburg. Dem Zusammenschluss von Porsche und VW sollen keine Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Das hat VW-Chef Martin Winterkorn versichert. Die Eigentümerfamilien sollen zwischen 35 und 39 Prozent des neuen Konzerns erhalten, dritter großer Aktionär ist das Emirat Katar.

Bei der Integration von Porsche in den Volkswagen-Konzern sollen keine Arbeitsplätze abgebaut werden. «Einen Jobabbau wird es als Folge des Zusammenschlusses nicht geben», sagte VW-Vorstandschef Martin Winterkorn am Freitag auf einer Betriebsversammlung in Wolfsburg. Auf der Versammlung im Stammwerk informierte die Konzernführung die Belegschaft über die Grundsatzvereinbarung, auf die sich die Aufsichtsräte von VW und Porsche am Vortag geeinigt hatten.

Osterloh greift Wiedeking an

Der Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh versicherte vor rund 20. 000 Beschäftigten, mit der Vereinbarung werde «ein Stück deutsche Industriegeschichte geschrieben», weil die Minderheitenrechte für das Land Niedersachsen nun in der Satzung dauerhaft verankert würden. Es sei zudem ein «Sieg auf der ganzen Linie», dass festgeschrieben wurde, dass künftig alle wichtigen Entscheidungen im Aufsichtsrat mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gefällt werden müsste. Dies bedeute praktisch ein Vetorecht für die Arbeitnehmer.

Dem früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking warf Osterloh vor, er habe wie eine «Heuschrecke» versucht, VW zu übernehmen: «Aber es ist Wiedeking nicht gelungen, die Wolfsburg einzunehmen.» Winterkorn und Osterloh beschworen die Chancen, die für Porsche wie VW in der Fusion lägen und würdigten ausdrücklich die Rolle des VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch. Piëch, der bis 2002 Vorstandschef in Wolfsburg war, habe «bewiesen, das ihm dieses Unternehmen ans Herz gewachsen ist», sagte Osterloh.

Den Familien Porsche und Piech soll nach dem Zusammenschluss von VW und dem Sportwagenhersteller zwischen 35 und 39 Prozent des neuen Autokonzerns gehören. «In dieser Größenordnung wird es sein», sagte VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch am Freitag in Wolfsburg auf eine entsprechende Frage. Bislang hält die den Familien gehörende Porsche SE noch 52 Prozent der VW-Aktien.

Das Emirat Katar steigt ein

Die genauen Kapitalanteile an dem fusionierten Unternehmen würden aber erst im Zuge der Verschmelzung nach genau festgelegten Kriterien ermittelt, sagte Pötsch weiter.

Das Emirat Katar werde mit «substanziellem Anteil dritter großer Aktionär bei VW werden», sagte Pötsch weiter. Der Anteil des Emirats werde «leicht unter der Größenordnung von Niedersachsen» liegen. Das Land hält etwas mehr als 20 Prozent der VW-Aktien.

Zur Finanzierung des Einstiegs bei Porsche kündigte Pötsch eine Kapitalerhöhung von «rund vier Milliarden Euro» durch Ausgabe von VW-Vorzugsaktien an. «Wir planen eine Erhöhung des Vorzugskapitals mit Bezugsrecht im ersten Halbjahr 2010», sagte er. Für die Kapitalerhöhung werde Volkswagen noch in diesem Jahr eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen. Im Zuge der Fusion sei außerdem geplant, die Porsche-Vorzugsaktien in VW-Vorzugsaktien umzuwandeln. «Die Porsche-Vorzugsaktionäre können stattdessen VW-Vorzugsaktien bekommen», sagte Pötsch.

Milliarden für Europas größten Autohändler

Für den Kauf des Autohandels der Porsche Holding in Salzburg wird Volkswagen den Eigentümerfamilien Porsche und Piech nach Angaben von Pötsch 3,55 Milliarden Euro zahlen. Nach der Entschuldung des größten Autohändlers Europas würden vom Kaufpreis rund «drei Milliarden übrigbleiben», sagte Pötsch. Dieses Geld stehe den Eigentümerfamilien dann für eine Kapitalerhöhung bei Porsche zur Verfügung.

Die Verhandlungen von Porsche mit Katar über die Übernahme von VW-Aktienoptionen durch das Emirat bezeichnete Pötsch als weit fortgeschritten, eine Einigung werde in den kommenden Wochen erwartet.

Mitarbeiterbeteiligung bis fünf Prozent

Der Vorsitzende des VW-Gesamtbetriebsrats Bernd Osterloh sagte, die Beteiligung der Mitarbeiter am fusionierten Unternehmen werde sich «zwischen ein und fünf Prozent» bewegen. Die Mitarbeiterbeteiligung solle über eine Stiftung, einen Verein oder eine Genossenschaft organisiert werden. Einen Zusammenhang zwischen den kommende Woche beginnenden VW-Tarifverhandlungen und der Finanzierung der Beteiligung gebe es nicht.

Die Kartellbehörden werden aller Voraussicht nach der Übernahme von Porsche durch VW keine Hindernisse in den Weg stellen. Das Zusammengehen ist nach Einschätzung des Bundeskartellamts nicht anmeldepflichtig. Dafür müsste ein «Kontrollerwerb» vorliegen, was aber nicht der Fall zu sein scheine, sagte eine Sprecherin der Behörde am Freitag in Bonn.

Keine kartellrechtlichen Probleme erwartet

Ohnehin wäre das Vorhaben, wenn überhaupt, von der Europäischen Kommission zu prüfen. Diese hat bereits im vergangenen Jahr entschieden, dass dem Zusammenschluss nichts im Wege steht. In einer Mitteilung von 23. Juli 2008 heißt es, es sei nicht zu erwarten, dass ein Zusammengehen der beiden Autohersteller den wirksamen Wettbewerb im Europäischen Wirtschaftsraum oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich beeinträchtigen werde.

Während Volkswagen eine breite Palette verschiedener Gattungen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen herstelle, habe sich Porsche auf Sportwagen und Geländewagen, sogenannte SUV, spezialisiert, erklärten die europäischen Wettbewerbshüter: «Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die aus dem Rechtsgeschäft erwachsenden horizontalen Überschneidungen zwischen Volkswagen und Porsche begrenzt sein werden und es auf allen betroffenen Teilmärkten weiterhin starke Konkurrenten mit erheblichen Marktanteilen geben wird.»

Der Kurs der VW-Aktien ist nach dem Beschluss zur Fusion mit Porsche am Freitag eingebrochen. Die VW-Stammaktien fielen am Freitagvormittag an der Börse um 3,6 Prozent auf 217 Euro, die Stammaktien sanken sogar um 7,7 Prozent auf 55 Euro. Dagegen legte der Porsche-Aktienkurs deutlich zu, um 10 Prozent auf 49 Euro. (afp/ap)