Frankfurt. . Der deutsche Aktienindex ist auf dem Weg zu einem neuen Allzeithoch. Am Freitag übersprang er erstmals seit 2008 wieder die magische Marke von 8000 Punkten. Denn wer zurzeit Geld gewinnbringend anlegen will, hat kaum Alternativen zu Aktien.

Es war ein Sprung mit Ansage. „Der Anstieg über die Marke von 8000 Punkten war naheliegend“, sagt Fidel Helmer, erfahrener Börsenbeobachter beim Bankhaus Hauck&Aufhäuser.

Nach den guten Vorgaben aus den USA und aus Japan, wo die Aktienkurse ebenfalls weiter gestiegen waren, wollten die Händler am Freitag auch Zuversicht verbreiten. Und hievten mit weiteren Käufen den Deutschen Aktienindex Dax erstmals seit mehr als fünf Jahren oder fast 1900 Tagen wieder einmal über eine vermeintlich wichtige psychologische Schwelle.

Bei 8002,98 Punkten stand der Index am Morgen kurz nach Eröffnung des Börsenhandels, am Nachmittag waren es sogar 8015,07 – obwohl es eigentlich keine neuen Nachrichten gab, die den Kursen hätten Impulse geben können.

Woher kommt die neue Zuversicht der Aktienhändler?

Aktien haben derzeit vor allem einen Vorzug: Wer Geld gewinnbringend anlegen will, hat kaum Alternativen. Die Zinsen sind niedrig, liegen oft unter der Inflationsrate, weshalb damit sogar ein Verlust einhergeht. Die Preise der Edelmetalle, vor allem von Gold, dümpeln auch eher vor sich hin. Staatsanleihen haben durch die Schuldenkrise massiv an Renommee eingebüßt. Der Rentenmarkt sei ausgelutscht, sagt Oliver Roth vom Handelshaus CloseBrothersSeydler.

Aktien sind dagegen begehrt. Vor allem große deutsche Konzerne legen fast ausnahmslos gute Bilanzen und volle Auftragsbücher vor. „Die Berichte sind hervorragend“, sagt Fidel Helmer vom Bankhaus Hauck&Aufhäuser. So kündigten Adidas, Linde und Merck an, deutlich höhere Dividenden auszuschütten. Mehr als 33 Milliarden Euro werden die 100 größten deutschen Aktiengesellschaften in den nächsten Wochen an ihre Aktionäre auszahlen – so viel wie nie zuvor.

Drücken denn nicht die überschuldeten Staatshaushalte das Klima?

Die Schuldenprobleme in der Eurozone, in den USA und in Japan interessieren an der Börse derzeit niemanden. Ebenso wenig der ungelöste Haushaltsstreit in den USA oder die Rezession in der Eurozone, vor allem in den südlichen Staaten. Auch die Wahl in Italien oder die wieder angefachte Krise in Korea können die Börsianer nicht verunsichern.

Wie geht es jetzt weiter?

Nach oben, sagt die Mehrheit der Auguren. Genau aus den Gründen, die die Kurse auf das aktuelle Niveau gehoben haben: die niedrigen Zinsen und damit fehlende Alternativen. Und natürlich die großzügige Geldpolitik der Notenbanken. Unablässig pumpen sie in den USA, in Japan, in Großbritannien und in der Eurozone billiges Geld in den Markt, um die Konjunktur auf Trab zu halten oder zu bringen. Und um den Kampf gegen die Schuldenberge und die Finanzkrise zu erleichtern. Sprüche wie „Die Notenbanken dopen den Dax“ oder „Surfen auf der Geldwelle“ machen unter Börsianern die Runde. Doping heißt in diesem Fall: niedrige, sogar sehr niedrige Zinsen. In den USA verlangt die Notenbank aktuell 0,25 Prozent, wenn sich Geschäftsbanken Geld leihen, in England 0,5, in der Eurozone 0,75, in Japan 0,82 Prozent. Und die Zinsen werden laut Händler Oliver Roth noch mindestens ein Jahr sehr niedrig bleiben.

Und wie geht’s mit dem Dax weiter?

Für Börsianer steht fest: Nachdem der Dow Jones an der New Yorker Börse ein neues Hoch bereits erreicht hat, wird auch in Frankfurt schon sehr bald der Rekord geknackt werden. Das Allzeithoch datiert mit 8151,57 Punkten vom 16. Juli 2007. „Mein neues Ziel sind 8500 Punkte“, sagt Fidel Helmer, der schon einige Börsencrashs erlebt hat. Und deshalb sicher ist, dass sich diesmal keine Blase gebildet hat. „Davon ist nichts zu sehen.“ 100 Punkte könne es schon mal nach unten gehen, so Helmer, aber der Aufwärtstrend sei intakt. Auch Oliver Roth sieht weitere Luft nach oben. „Ich kann mir auch 9000 Punkte vorstellen.“

Ist denn niemand skeptisch?

Solche Stimmen sind derzeit kaum zu hören. Absturzszenarien lassen sich nicht ausmachen, allenfalls Vorsicht. Bei der DZ Bank trauen die Experten dem Dax zur Jahresmitte und zum Jahresende „nur“ 7800 Punkte zu.

Lohnt es sich denn jetzt, in Aktien zu investieren?

Händler Roth rät ab, derzeit Aktien zu kaufen, weil es irgendwann zur Korrektur komme. „Vielleicht in sechs, in zwölf oder auch erst in 18 Monaten“, weiß auch er allerdings nichts Genaues. Für Helmer dagegen sind deutsche Standardaktien weiter ein Kauf, vor allem an Tagen, an denen der Dax vorübergehend nachgibt. Die Sause an der Börse, glaubt er, geht weiter.