Nürnberg. . Manche haben nicht mal einen Schulabschluss, viele die Lehre abgebrochen - und weil sie auch keinen Job finden, landen sie meist in Hartz IV. Jetzt sollen arbeitslose 25- bis 34-Jährige eine zweite Chance erhalten.
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) will Zehntausende Hartz-IV-Empfänger im Heranwachsenden-Alter noch einmal in die Lehre schicken. In den kommenden vier Jahren könnten so mindestens 100 000 junge Männer und Frauen im Alter von 25- bis 34 Jahren doch noch einen Berufsabschluss erwerben. Das geht aus einem Geschäftsführerbrief von BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt an die Jobcenter hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Pro Jahr sollten nach Bundesagentur-Plänen rund 25.000 Hartz-IV-Empfänger im fortgeschritten Alter eine Berufsausbildung starten.
"Angesichts der bundesweit rund eine Million Arbeitslosen ohne Ausbildung in den Jobcentern ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass zusätzlich investiert wird in abschlussorientierte Aus- und Weiterbildung", heißt es in dem Schreiben. Jobcenter sollten dabei den Umstand nutzen, dass viele Unternehmen derzeit Probleme hätten, freie Lehrstellen zu besetzen. Zudem könnten zusätzlich ausgebildete junge Heranwachsende später dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu beheben. Sie selbst würden damit ihre Jobchancen verbessern.
Langfristige Maßnahme
Bundesagentur-Kreise sehen in dem "zentralen Handlungsschwerpunkt" der Jobcenter für 2013 gleich einen zweifachen Kurswechsel der BA: Zum einen nehme die Bundesagentur erstmals junge Heranwachsende in den Blick, nachdem sie sich jahrzehntelang bei der Berufsausbildung auf die 15- bis 25-Jährigen konzentriert hatte. Zum anderen weiche das neue Programm "Erstausbildung für junge Menschen" von der bisherigen Strategie des "schnellen Erfolges" ab und setze wieder auf Maßnahmen, die erst in ein paar Jahren Früchte tragen.
Um den Erfolg der Initiative sicherzustellen, geht es nach Einschätzung der Bundesagentur jetzt darum, Betriebe dazu zu bewegen, auch "reiferen jungen Menschen" und nicht nur Schulabgängern eine berufliche Ausbildung zu ermöglichen. Insgesamt soll das Thema "Erstausbildung" mit rund 300.000 heranwachsenden Hartz-IV-Beziehern besprochen werden. Dies seien in der Regel junge Menschen, denen wegen ihres Alters eine reguläre Ausbildung nicht mehr offenstehe, "die aber gleichwohl noch einen großen Teil des Erwerbslebens vor sich haben".
DGB fordert Investitionen
Auf eine rasche Lösung drängte am Donnerstag auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Rund ein Sechstel der 25- bis 34-jährigen Deutschen habe keinen Berufsabschluss, gehe nicht zur Schule, absolviere kein Studium und keine Berufsausbildung, gab der Leiter der Abteilung Arbeitsmarktpolitik im DGB-Bundesvorstand, Wilhelm Adamy, in einer Studie zu bedenken. "Ein beachtlicher Teil der jungen Menschen droht arbeitsmarktpolitisch abgedrängt zu werden", warnte der Gewerkschafter. Heranwachsende ohne Berufsabschluss seien nicht nur häufiger arbeitslos, sondern hätten auch deutlich schlechtere Vermittlungschancen als jüngere Fachkräfte.
Der DGB spricht sich daher unter anderem dafür aus, die Rotstiftpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu beenden und wieder massiv in die Weiterbildung von Hartz-IV-Empfängern zu investieren. Heranwachsende Hartz-IV-Empfänger müssten die Chance erhalten, einen Berufsabschluss zu erwerben. Mit einem Fördervolumen von 400 bis 500 Millionen Euro pro Jahr könnten jährlich 30 000 berufliche Ausbildungen für diese Gruppe finanziert werden. Um dafür einen Anreiz bei den Betroffenen zu erhöhen, sollten ausbildungs- oder umschulungswillige Hartz-IV-Empfänger einen Umschulungszuschlag zum Arbeitslosengeld II erhalten. (dpa)