Kopenhagen. . Um vernünftig Dänisch lernen zu können, sollen Migranten vor allem eins: ihre Muttersprache beherrschen. Deshalb soll es an den Schulen in Dänemark ein zweisprachiges Angebot geben. Hauptsächlich soll es um die großen dänischen Einwanderersprachen Arabisch und Türkisch gehen.

Einwandererkinder beherrschen oft weder die alte noch die neue Muttersprache. Weil gerade die Sprache ein zentraler Schlüssel zur erfolgreichen Integration ist, will Dänemarks Regierung nun im Rahmen eines Testprojektes über 3500 Kindern mit Migrationshintergrund einen ordentlichen Sprachunterricht in der Heimatsprache der Eltern ermöglichen.

Ansetzen soll der Herkunftssprachenunterricht in der 1. und 4. Klasse. Hauptsächlich soll es um die großen dänischen Einwanderersprachen Arabisch und Türkisch gehen.

Test an 200 Grundschulen

Die sozialdemokratische Bildungsministerin Christina Antorini will damit eine These testen, die besagt, dass Migrantenkinder sich auf dem vermeintlichen Umweg des Herkunftssprachenunterrichts auch des Dänischen besser bemächtigen werden. „Wir wollen mehr darüber herausfinden, ob das den ohnehin zweisprachigen Kindern hilft, ihre Sprachfähigkeiten auszubauen“, sagte Antorini. Dabei werde man auf die reichlichen Erfahrungen zurückgreifen, die es ja schon an zweisprachigen Schulen gibt, in denen etwa neben Dänisch Englisch oder Französisch unterrichtet wird, sagt die Bildungsministerin.

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An 200 Grundschulen soll das 29,5 Millionen Kronen (vier Millionen Euro) teure Programm bis 2016 getestet werden. 2015 wird mit ersten Ergebnissen gerechnet. Sollte das Projekt Erfolge zeigen, soll es auf ganz Dänemark ausgeweitet werden.

Die Kinder sollen regelmäßig von Forschern untersucht werden. Dabei soll es nicht nur um mündliche und schriftliche Sprachkenntnisse gehen. Auch eine Verbesserung der Mathematikkenntnisse und der Beteiligung im Unterricht, der Motivationsgrad beim Lernen und vermeintlich positive Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und akademische Leistungen im Allgemeinen sollen dabei betrachtet werden.

Das Land braucht Einwanderer

Eine Studie von 2010 hatte die Debatte um schlechte Schulleistungen bei Kindern von Einwanderern in Dänemark angestoßen. Sie enthüllte, dass 46 Prozent der 15-jährigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Kopenhagen kein ausreichendes Lesevermögen hatten. Bei 15-Jährigen mit dänischen Eltern lag der Anteil der schlechten Leser durchschnittlich bei 24 Prozent.

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Grundsätzlich sind sich dänische Politiker einig darüber, dass etwas gegen den großen Abstand bei den Schulleistungen zwischen Kindern mit dänischen und Kindern mit ausländischen Eltern getan werden muss. Auch Dänemark ist von einer zunehmend älter werdenden Bevölkerungsstruktur betroffen. Dass Einwanderer Dänemarks Arbeitsmarkt verjüngen scheitert, wie andernorts auch, oft an deren schlechter Integration und Unterrepräsentanz in höher qualifizierten Berufsgruppen. „Wir wollen gern die Ressourcen nutzen, die Kinder mit anderem ethnischen Hintergrund haben“, betonte die Ministerin.

Beobachter sind skeptisch

Dennoch kritisierten etwa konservative Oppositionspolitiker, dass die Bildungsministerin letztlich vorhabe, einen vermutlich später obligatorischen Zweisprachenunterricht in Dänemark unter dem Deckmantel einer Teststudie und ohne die nötige Absegnung durch das dänische Parlament durchpeitschen zu wollen. Dieses berät derzeit parteiübergreifend über eine umfassende Schulreform.

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Das Problem seien die schlechten Dänischkenntnisse und nicht die schlechten Herkunftssprachkenntnisse, kritisierte Alex Ahrendtsen von der fremdenfeindlichen Dänischen Volkspartei. Der Regierungsentscheid werde zu erhöhter Ausgrenzung statt Integration führen, warnte er. Stattdessen forderte er, dass in Maßnahmen investiert werde, die Einwandererkinder vor der Einschulung genügend Dänischkenntnisse vermitteln.

Als organisatorisches Problem gilt derzeit, dass es mit ziemlicher Sicherheit nicht genügend Lehrer gibt, um alle Migrantenkinder des Landes mit Herkunftssprachenunterricht zu versehen. „In einigen Schulen gibt es um die 50 verschiedene Herkunftslandessprachen. Da werden wohl nur die größten Sprachgruppen berücksichtigt werden können. „Die werden dann den anderen gegenüber bevorzugt“, kritisierte etwa Niels Egelund, Bildungswissenschaftler der Universität Aarhus.